MARIECHENS
neue Heimat .
Es ist ein wunderbarer
Frühlingstag, als der Schnellzug von Stuttgart nach Düsseldorf fährt. Die Räder
rattern über die Schienen und der ganze Zug schaukelt hin und her.
Es ein wirklich schöner Tag.
Viele Leute fahren mit und sitzen in ihren Abteilen. Sie lesen oder reden
miteinander. Manche essen Brote und trinken etwas dazu.
Im letzten Wagon sitzen eine Frau
und ein kleines Mädchen in einem Abteil. Die Frau sieht sehr ernst aus dem
Fenster – das Mädchen schläft.
Die Frau mit dem ernsten Gesicht,
das trotzdem überaus freundlich aussieht und von dunklem, kurzem Haar umrandet
ist, sieht immer wieder besorgt zu der Kleinen hin. Diese liegt ausgestreckt
auf zwei nebeneinander liegenden Sitzen, die Schuhe ausgezogen und mit einer
blau-karierten Decke zugedeckt.
Sie schläft ruhig, doch irgendwie
sieht ihr kleines Gesicht sehr traurig aus. Es ist umrandet von rot-blondem,
schönem Haar das in großen Locken über ihren Nacken fällt und seidig golden
schimmert.
Als sie noch bei ihrer Mama war,
hatte sie viel längere Haare; aber dort in dem Heim, wo sie einige Zeit bleiben
musste, war ihr Haar abgeschnitten worden, weil es praktischer sei.
Vor einigen Tagen kam sie dann zu
der Frau, mit der sie nun hier im Zug fährt.
Die Frau streicht ihr sanft ein
paar Locken aus dem Gesicht die herabgefallen waren, wie es ihre Mutter früher immer
getan hatte. Bis vor zwei Monaten.
Sie war einkaufen gewesen und kam
einfach nicht mehr zurück. Der Babysitter hatte damals auch die Polizei
benachrichtigt, als ihre Mutter nicht nach Hause kam. Und diese fand heraus, dass
Angela Wenzel, die Mutter, einen Autounfall gehabt hatte und noch am Unfallort
gestorben war.
Ihr Vater war schon im ersten
Lebensjahr nach Australien gezogen und niemand wusste, wo er genau wohnte. Sehr
weit weg – und darum konnte er sich auch nicht um die Kleine kümmern. So lebten
Mutter und Tochter alleine zusammen und waren doch sehr glücklich.
Die Kleine liegt da und seufzt
tief – schläft aber weiter.
Die Frau sieht wieder zum Fenster
hinaus in die schöne Natur und denkt weiter nach. Über die letzten Tage die sie
das kleine Mädchen betreut hatte.
Sie heißt Frau Rott und ist
Betreuerin von Beruf und arbeitet für das Jugendamt in Stuttgart in dem viele
Kinder betreut werden. Kinder die entweder keine Eltern mehr haben oder welche die
mit Ihren Eltern nicht gut auskommen.
Es sind viele Kinder – so wie
dieses kleine Mädchen, das ihr im Zug gegenüber liegt und schläft.
Bei der ständigen Rüttelei, wenn
der Zug um die Kurven rattert, wundert sich Frau Rott oft, dass die Kleine
nicht wach wird. Aber sie ist so müde, weil sie die letzten Nächte viel geweint
hatte, bis sie endlich mal einschlief.
Sie hatte Frau Rott erzählt, dass
sie ihre Mami so sehr vermisse. Und, dass die Frau aus dem Kinderheim ihr
erzählt hatte, dass ihre Mami jetzt im Himmel sei und dass Gott sie geholt
hatte. Und sie hatten gesagt, dass jetzt viele Schutzengel auf sie – die Kleine
– aufpassen würden.
Blödsinn, hatte sie sich gedacht,
wenn die Engel es nicht einmal schafften auf die Mami aufzupassen, wie sollten
sie es dann bei ihr schaffen; wo doch die Mami immer viel lieber u. braver war
als irgendjemand anderer.
Brauchte Gott die Mami? Oder war
Gott böse auf sie?
Oder hat er sie geholt, weil sie
– Marie – manchmal wild und nicht so brav war? Sie ist traurig, aber auch ein
wenig wütend. Sie versteht das alles nicht.
Die Kleine – Marie Wenzel heißt
sie, aber die meisten sagen „Mariechen“ zu ihr – ist
schon ganze 7 Jahre alt, aber das versteht sie einfach nicht – wie kann Gott
die Mami mehr brauchen als sie.
Frau Rott hatte ihr erklärt, dass
das mit den Engeln schon stimme – dass aber der liebe Gott ihr die Mami nicht
weggenommen hatte, weil er böse auf sie war; sondern weil er die Mami so lieb
hatte und gern mit ihr zusammen sein wollte. Und dass es dort wunderschön sei,
wo sich ihre Mami jetzt befände.
Es sei natürlich, dass sie jetzt
traurig und wütend sei, aber das würde mit der Zeit besser werden. Das Leben
könne durchaus noch sehr schön und sie noch sehr glücklich werden.
Und nun sollte sie zu ihrer
Großmutter ziehen, die sie in ihrem Leben nur ein einziges mal als Baby gesehen
hatte, doch sie kann sich nicht mehr daran erinnern, weil sie da noch viel zu
klein war. Und ihre Mutter hatte ihr nur wenig von dem Besuch erzählt.
Eigentlich war früher Marie ein
richtiger Wildfang gewesen, als sie und Mama noch zusammen waren, doch
irgendwie hatte sie jetzt eher Angst und war durch die Traurigkeit eher ruhig
und auch etwas scheu geworden.
Und nun waren sie beide, Frau
Rott und sie – Mariechen – auf dem Weg zu ihrer Großmutter, die - nach dem
Vater der viel zu weit weg in Australien wohnt – als Angehörige ermittelt
worden war.
Frau Rott hatte einen Brief an
Frau Wenzel geschrieben, in dem sie angekündigt hatte, dass sie und Mariechen
am 8. Mai um 15.38 Uhr am Bahnhof in Düsseldorf ankommen werden und dass sie
sich alle dann bei der Information treffen sollten. Dann würden sie alle
zusammen zur Großmutter weiterfahren.
Frau Rott würde dann am nächsten
oder übernächsten Tag, wenn alles in Ordnung wäre, wieder nach Stuttgart
zurückfahren.
Sie hatte damals auch einen Anruf
von der alten Dame erhalten, in dem über viele Dinge geredet worden war und
alles genauer besprochen wurde.
So kam auch zur Sprache, dass
diese eigentlich wenig von dem Enkelkind wusste.
Und so ist es also für Frau
Wenzel – wie auch für Mariechen – ganz neu.
Dennoch – Frau Wenzel freute sich
sehr auf das kleine Mädchen. Und bemerkte am Telefon, dass sie gleich das
Kinder-Zimmer vorbereiten werde.
Ein paar neue Decken, Vorhänge
und Dekorationsstoffe, ein wenig Farbe und einige Spielsachen. Ein
Schaukelpferd steht auch am Dachboden mit dem Mariechens Mama Angela als Kind schon
gespielt hatte und eine lebensgroße Puppe ebenfalls. Alles andere werde die
Zeit schon bringen.
Sie hatte glücklicherweise erst
vor ein paar Monaten das Haus neu streichen lassen und so hatte das Zimmer
einen wunderbaren gelben Anstrich.
Nur noch ein paar schöne Figuren
an die Wand gemalt – fertig – und alles ist dann bereit für die kleine Marie!
Frau Rott hatte sich sehr
gefreut, dass Frau Wenzel eine so verständnisvolle und liebe alte Frau zu sein
scheint, aber beurteilen kann man so was nicht so schnell.
Im selben Moment als ein Mann mit
dem Essenswagen am Abteil vorbei fährt und dabei ziemlich viel Lärm macht,
wacht Mariechen endlich doch mal auf.
Frau Rott fragt nach ob sie
Hunger hat und sie schüttelt den Kopf. Traurig sieht sie aus – darum hat sie
wohl auch keinen Appetit.
Trotzdem besteht Frau Rott
darauf, dass sie wenigstens ein kleines Brot essen und einen Saft trinken soll.
Was sie dann auch tut.
Noch etwas mehr als eine Stunde
bis zum Bahnhof nach Düsseldorf.
Langsam isst Mariechen ihr Brot
und trinkt den Saft.
Frau Rott hat sich auch ein
Schnitzelbrot und Mineralwasser gekauft und isst ebenfalls schön langsam. Sie
genießt das Essen, denn sie hatte noch nicht viel zum Frühstück gehabt; nur
Orangensaft und Kaffee. Morgens mag sie meist nicht mehr.
Mariechen sitzt nur da und sieht
aus dem Fenster – reden mag sie nicht.
Frau Rott versteht den Kummer der
Kleinen und redet auch nicht viel. Hin und wieder macht sie Mariechen auf ein
paar Kühe oder Pferde aufmerksam, die draußen auf den Weiden stehen und Gras zu
fressen scheinen.
Sonst wären die Tiere sicher eine
Sensation für Marie gewesen, doch jetzt mag sie einfach nicht. Ihre Mutter
fehlt ihr so sehr, dass nichts anderes Platz finden kann und Frau Rott findet
das auch ganz in Ordnung.
Die beiden sitzen ohne zu reden
und betrachten die Landschaft – jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.
Nach einer Weile hört man die
Stimme eines Mannes aus dem Lautsprecher ertönen, der sagt dass der Zug in 15
Minuten im Bahnhof Düsseldorf ankomme.
Langsam fängt Frau Rott an die
Sachen zusammen zu packen und Marie die Schuhe und Mantel anzuziehen. Sie nimmt
den Koffer von Marie von der Ablage und stellt ihn auf den Gang um beim
Ausstieg möglichst rasch sein zu können.
Jetzt stellt sich auch ein wenig
Aufregung bei Mariechen ein, denn es ist nicht mehr lang hin, dass sie zum
zweiten Mal ihrer Großmutter begegnet.
Ist ja schon lange Zeit her seit
dem ersten Mal und erinnern kann sie sich auch nicht mehr daran.
Wie sie wohl ist? Irgendwie hat
sie ein wenig Angst davor. Wer weiß ob sie wirklich nett ist!?
Frau Rott lächelt sie
verständnisvoll an und tröstet sie mit den Worten, dass schon alles wieder gut
werden würde. Hilft aber leider nur wenig.
Der Zug rattert seine letzten
Kurven in Richtung Bahnhof und dann kann man ihn auch schon von weitem sehen.
Als er die letzte Kurve nimmt, fangen schon die Bremsen ziemlich arg zu
quietschen an.
Das erste Mal, dass in Maries
Augen ein Hauch von Lächeln zu finden ist, doch die Traurigkeit lässt nicht
mehr zu.
Der Zug wird immer langsamer, bis
er das letzte Stück in den Bahnhof einfährt und am Ende ganz stehen bleibt.
Die beiden steigen die eisernen
Stufen vom Zug hinunter und dann holt Frau Rott noch den Koffer, die kleine
Reisetasche von Marie und ihre eigene Tasche. Sie stellt alles neben der
Kleinen ab; sie soll darauf aufpassen und warten bis sie beide dann weiter
gehen können.
Frau Rott holt schnell einen
Wagen, packt Koffer und Taschen darauf und sucht mit Mariechen die
Informationsstelle. Dies war in dem Brief als Treffpunkt angegeben worden. Nach
einiger Zeit kommen sie dort auch schon an. Nun fängt die Suche an.
Wer würde es wohl sein. Die alte
Dame mit dem schwarzen Pudel? Wohl kaum. Die Dame mit dem roten Koffer? Oder
etwa die, mit dem kleinen Buben. Nein. Da stehen noch einige Herren, aber das
sind dennoch eben keine Omas.
Mariechen und Frau Rott suchen
die ganze Gegend um die Information ab.
Und da steht auch noch eine etwas
stärkere kleine Frau, mit silber-farbigen Haaren und einem Strohhut und einem
sehr freundlichen Lächeln im faltigen und sehr lustigen Gesicht.
Sie scheint ebenfalls jemanden zu
suchen, denn auch sie schaut gespannt umher und betrachtet genau die
Vorbeigehenden.
Nach kurzem Fragen, stellt sich heraus, dass sie
sich endlich alle gefunden haben.
Das ist „Oma Wenzel“ –
wie sie sich selbst bei den beiden vorstellt.
Frau Rott reicht der Oma die Hand und sie begrüßen
sich. Und dann beugt sich die alte Frau auch zu Mariechen und lächelt sie sehr
herzlich an.
„Also Du bist das Mariechen! Ich bin Deine Oma und
ich freue mich schon seit Tagen auf Dich!“ sagt sie und umarmt die Kleine ganz
doll und gibt ihr zum Schluss auch noch einen dicken Kuss auf beide Wangen.
Sie strahlt so viel Wärme und Herzlichkeit aus, dass
Mariechen bald die Hemmungen verliert, obwohl sie immer noch traurig ist. Dennoch
fühlt sie, dass sie bei ihrer Oma sicher und geborgen sein wird.
Auch Frau Rott empfindet dies so, ohne es
auszusprechen. Sie ist sichtlich erleichtert darüber und freut sich sehr für
Marie.
Mariechen lächelt nun doch auch ein wenig, denn
diese Herzlichkeit von ihrer Oma tut ihr sichtlich gut; nach all den Tagen im
Kinderheim und bei Frau Rott, obwohl diese zwar sehr nett, aber eben doch fremd
ist.
Es wird wohl anscheinend wirklich noch mal alles
gut werden, obwohl ihr das nicht die Mama ersetzten kann. Aber Oma sieht
wirklich sehr lieb aus und Mariechen mag sie gleich vom ersten Augenblick an.
Alles ist ganz anders als sie erwartet hatte. Eigentlich
weiß sie nicht wirklich was sie erwartet hatte, doch es ist besser als das.
Sie ist sehr froh nicht länger im Heim bleiben zu
müssen wie die anderen Kinder, welche keine Familie mehr haben.
Nach der langen Begrüßung bringen die drei das
Gepäck zum Ausgang und sie steigen in ein großes weißes Taxi, das sie nun nach
Erkelenz, dem kleinen Heimatstädtchen Oma Wenzels bringen soll, weil ihr Auto
gerade bei der Reparatur sei.
Eine Taxifahrerin bringt Koffer und Taschen im
Kofferraum unter, hilft allen ins Auto und fährt dann ab. Sie fahren durch die
Stadt Düsseldorf und immer mehr hinaus aufs Land, denn da liegt Erkelenz.
Oma Wenzel hat dort, etwas außerhalb, schon mehr
auf dem Land gelegenen Teil ein großes Grundstück mit einem entzückenden
Häuschen.
Sie erzählt nur kurz darüber – denn sie hält es für
richtig, Mariechen damit etwas zu überraschen. Denn gerade für Kinder sei dies
ein Paradies. Und das ist es auch.
Nach einer kurzen Zeit übers Land fahren, kommen
sie auch schon in Erkelenz an. Nur noch über einige kleine Hügel und schon sind
sie auf dem Land das der Oma Wenzel gehört. Zwei Kilometer groß – nahe bei
Oerath.
„Ich hoffe es gefällt Dir in deinem neuen Zuhause!
Ich hab ein Zimmer ganz für Dich allein eingerichtet!“ sagt Oma Wenzel zu
Mariechen.
Die Kleine lächelt. Etwas aufgeregt ist sie zwar,
aber sie freut sich schon darauf.
Nun sieht man schon das Haus.
Das Taxi fährt genau vor den Eingang des Hauses und
bleibt mit einem kleinen Ruck stehen. Alle steigen aus und die Taxifahrerin
bringt das Gepäck bis an die Türe. Oma Wenzel zahlt das Taxi – sie lässt es
sich nicht nehmen – wie sie sagt, denn schließlich sei Mariechen ja ihre
Enkelin.
Die Fahrerin bedankt sich sehr überschwänglich und
das Taxi verschwindet rasch wieder hinter den Hügeln.
Nun haben alle Zeit, das schöne große Haus etwas
genauer zu betrachten.
Es ist ein wunderschönes, rotes Backsteinhaus. An
den Fenstern hat es weiß angestrichene Holzfensterläden. Vorne heraus gibt es
eine Veranda und jeweils links und rechts von der Eingangstüre sind zwei ebenfalls
weiß angestrichene Holz-Schaukeln befestigt, in denen viele bunte Polster
liegen.
Rund um das Haus ist ein mittelgroßer Garten
angelegt der jedoch mit eher wildwuchernden Blumen und einigen Obstbäumen angefüllt
ist. Darum herum ist ein Holz-Lattenzaun der ebenfalls weiß angestrichen ist.
Oma Wenzel erklärt den beiden, Frau Rott und
Mariechen, dass auch die große weite Wiese hinter dem Zaun noch dazu gehöre.
Und dass ebenso die umliegenden Hügel, auch noch der Bach und der dahinter
liegende Wald mit einem kleinen Waldsee ebenfalls noch zu ihrem Grundstück
gehören.
Also viel Platz für Mariechen zum herumtoben und
spielen.
Mariechen macht ganz große Augen, als sie den
Ausführungen ihrer Oma zuhört. So viel Platz zum spielen, das hatte sie noch nie
gesehen.
Sie liebte schon immer die Natur und war früher mit
ihrer Mutter oft zu Ausflügen gefahren. Mal in die Berge, mal an den See und
sogar mal ans Meer waren sie gefahren. Sie hatten es beide sehr geliebt, in der
Natur zu sein.
Und nun sollte sie – Mariechen – alles das auf
einmal direkt vor der Tür haben. Einfach wunderbar findet sie das und sie freut
sich schon sehr darauf alles zu erkunden.
Oma Wenzel geht nun voraus zur Eingangstüre und
sperrt diese auf um alle herein zu bitten. Sie streckt Mariechen die Hand
entgegen und die Kleine nimmt die ihre. Die kleine Hand zittert ein wenig vor
Aufregung, doch die Freundlichkeit von Oma macht es ihr leicht, die neue
Situation anzunehmen.
„Komm nur herein, mein Schätzchen – hier ist Dein
neues Zuhause! Ich bin so glücklich Dich von jetzt an hier bei mir zu haben!“
sagt Oma Wenzel und lächelt Mariechen ganz freudig an. Marie lächelt zurück und
ist auch sehr froh.
„Alles ist viel besser, als ich es mir vorgestellt
habe!“ denkt die Kleine und für einen kleinen Moment kann sie sogar den Kummer
wegen ihrer Mama vergessen. Jetzt ist sie nicht mehr allein, auch wenn ihr ihre
Mutter doch schrecklich fehlt. Frau Rott nimmt gleich einige Gepäcksstücke mit
hinein.
Sie hat sich vorgenommen wenigstens einen Tag zu
bleiben, um zu beurteilen ob es mit Oma Wenzel gut geht. Aber eigentlich ist
sie sich schon heute sicher, dass Marie hier eine wunderbare Heimat bei einem
sehr lieben Menschen gefunden hat.
Trotzdem bleibt sie noch diesen einen Tag oder auch
zwei, denn es gibt viel für die beiden Erwachsenen zu besprechen. Und sie will
Oma Wenzel helfen noch das Kinderzimmer fertig zu machen, damit noch an diesem
Abend für die Kleine auch schon alles fix und fertig ist.
Zuerst geht Oma Wenzel die Stufen voran in den oberen
Stock um der kleinen Marie ihr Zimmer zu zeigen. Das liegt genau geradeaus von
den Stufen und ist sehr schön hell. Die Wände sind gelb angemalt und auch ein
Elfenschloss auf einem Hügel ist von Oma hinaufgemalt worden.
Gerade heute hatte sie noch einen hellblauen
Himmel, wenige weiße Wolken und eine große wunderschöne, glücklich lachende
Sonne an die Decke des Kinderzimmers gemalt. Sie kann sehr gut malen. Oma hatte
dann alle Möbel hingestellt wie sie nun waren.
Mariechen ist begeistert von dem Zimmer und fühlt
sich gleich geborgen darin.
Frau Rott ist ganz freudig überrascht über die
neugewonnene Lebensfreude die nun in dem kleinen Mädchen ist. Es scheint als
hätte sie den Kummer ganz vergessen den sie noch vor wenigen Stunden im Zug
gehabt hatte.
Doch ganz so ist es doch noch nicht, denn immer wieder
seufzt Marie und wünscht sich ihre Mutter her um das Wunderbare mit ihr teilen
zu können. Aber das geht nun leider nicht wieder – und das stimmte Mariechen traurig.
Und als ob Oma Wenzel dies geahnt hätte, fragt sie:
„Mariechen - Du bist wohl so traurig, weil Du Deine Mami vermisst! Hab ich
recht?“
„Ja!“ antwortet sie ganz leise und wischt sich, ein
wenig schniefend, die Tränen aus den Augen und fragt: „Warum kann sie nicht
mehr hier sein? Hier bei mir!?“
Oma setzt sich mit Marie auf den großen gelben
Ohrensessel der ganz gemütlich neben dem Fenster steht und denkt eine kleine
Weile nach.
Sie möchte nicht nur ein paar beschwichtigende
Worte sagen. Nein sie möchte wirklich ganz darauf eingehen und mit der Kleinen
darüber reden. Ganz ehrlich und offen. Das tat sie schon als die Mama von
Mariechen so klein gewesen war.
„Nun ...“ beginnt sie: „das Warum – weswegen sie
sterben musste – weiß ich auch nicht so ganz. Aber bestimmt hatte der liebe
Gott einen sehr triftigen Grund! Er tut nichts ohne einen solchen wichtigen
Grund!“ sagt sie nachdenklich. Mariechen schnieft wieder und Oma putzt ihr die
Nase.
„Frau Klein aus dem Heim und Frau Rott haben gesagt,
dass Gott Mami deswegen geholt hatte, weil er sie so lieb hat! Stimmt das?“
sagt Marie und snieft wiederum.
Freundlich lächelnd streichelt Oma ihr übers
lockige Haar und drückt sie etwas fester an sich. „Ja, da könnten die beiden
durchaus die Wahrheit gesprochen haben! Und da deine Mami sicher ein lieber
Mensch war – wenn auch manchmal etwas bockig und schwierig – so ist dies sicher
ein großer und wichtiger Teil des Warum.“
„Aber so ganz genau, das große Warum, kennt nur
Gott alleine; denn da ist noch was wichtiges!“ sagt Oma Wenzel, und Frau Rott
steht leise in der Türe und hört aufmerksam zu. Sie überlässt alles ganz Oma
Wenzel.
„Alles, was Gott geschaffen hat, hat seine Zeit.
Und nur er weiß ganz genau, wann und wie lange ein jedes Wesen leben soll. Und
so ist es sicher auch bei deiner Mami gewesen!“ fährt sie fort und überlegt, ob
sie dies der Kleinen schon so genau erklären könne.
Marie versteht was die Großmutter damit sagen will
und nimmt dies ganz gut auf. „Mama war wohl sehr brav und hat genau getan was
der liebe Gott von ihr wollte. Denn er wollte sie bei sich haben und sie ging
zu ihm.“ sagt sie leise.
„Ja, ungefähr so. Und er hat sie so richtig lieb! Obwohl
sie sicherlich auch sehr traurig war, weil sie ihr Kleines Mädchen verlassen musste.
Doch ist sie sicher auch sehr glücklich da im Himmel zu sein, wo sie jetzt
vielleicht schon auch bei Jesus ist!“ erklärt Oma noch ausführlicher.
„Jesus?“ erwidert Marie.
„So ist sein lieber Name für uns Christen! Jesus
Christus! Viele glauben, dass er nur der Sohn Gottes ist. Ich aber glaube, dass
Gott und Jesus eins sind. Für mich heißt er eben Jesus.“ erklärt Oma Wenzel.
„Für die Juden heißt Gott Jehova – für die Moslems
heißt er Allah und für die Indianer heißt er Manitu! Er hat eben sehr viele
Namen!“ erklärt sie weiter.
„Und wie immer wir ihn nennen – eines ist ganz klar
– er hat uns alle sehr, sehr lieb!“ betont Oma ganz besonders. „Und darum holt
er manchmal diejenigen, die er besonders lieb hat, ganz besonders bald zu
sich!“ sagt noch Oma Wenzel und streicht eine Locke aus Maries Gesicht. Dann
putzt sie ihr nochmals die Nase und streichelt ihr wieder übers Haar.
Marie hatte aufgehört zu weinen und fragt weiter:
„Wie sieht Jesus denn aus?“
Jetzt wird Oma Wenzel etwas verlegen. „Oh, weißt
Du, ich muss leider sagen, dass ich das nicht wirklich weiß!“ gesteht sie
wieder etwas nachdenklich. „Kann sein dass er für jeden Menschen anders aussieht.
Aber ganz sicher hat er ein ganz liebes und sanftes Gesicht. Manche können ihn
sehen.“ sagt Oma.
„Er sieht aus, wie ein sehr schöner Mensch, doch
eigentlich ist er ja Gott.“ sagt sie weiter und dabei lächelt sie ganz
geheimnisvoll.
„Ich, für mich, glaube, dass er blaue Augen hat und
dunkelblonde, gelockte Haare. Zudem ihn seine Sanftmut und übergroße Liebe im
Herzen auch so wunderbar erstrahlen lässt!“
Marie ist auch nachdenklich geworden und spielt mit
den Knöpfen an ihrem Kleid.
Da Oma Wenzel das Gefühl hat Mariechens Fragen so
gut als möglich beantwortet zu haben, wendet sie sich zu Frau Rott und deutet
an, dass sie ihr jetzt das Zimmer zeigen werde.
Sie gehen alle hinaus auf den Gang, die Kleine geht
schweigend mit und im nebenan liegenden Zimmer ist so was wie ein Gästezimmer.
Da könne Frau Rott so lange bleiben wie sie wolle. Am anderen Ende des Ganges
sei das Badezimmer mit einer Dusche, Badwanne und der Toilette. Das stehe auch
frei zur Verfügung.
Frau Rott bedankt sich und macht sich gleich daran
ihre Sachen auszupacken. Viel ist es ohnehin nicht, denn sie hatte ja
allerhöchstens zwei Tage zu bleiben geplant.
Aber Frau Rott fühlt sich wohl in diesem Zimmer,
das eher einfach eingerichtet ist.
Auch Mariechen fühlt sich wohl in ihrem Zimmer. Es
ist nicht nur die Wandmalerei die Marie so gut gefällt. Es ist da noch das
schöne Himmelbett aus sehr verschnörkelten Metallstangen, mit einem wunderbar feinen
Stoff behängt und alles in der Farbe weiß. Nur die Bettwäsche ist schön bunt –
eben für Kinder.
Das Bett ist so groß, wie eins für Erwachsene und
es steht links von der Türe. Daneben ist ein holzenes Nachtkästchen, das an der
Seite weiß und vorne bei den Laden bunt angestrichen ist und eine hellblaue
Lampe.
Auf der rechten Seite ist ein großer Kleiderschrank
in dem viel mehr Platz ist, als Mariechen überhaupt Kleider und Sachen hat.
Genau daneben steht noch eine kleine Kommode, die so eigentlich ein
Schreibtisch ist.
Das Zimmer hat zwei schöne große Fenster mit
hellblauen Vorhängen auf denen bunte Schmetterlinge sind. An der Decke hängen
auch noch zwei Mobile, eines mit bunten Schmetterlingen, eines mit hölzernen
Delfinen.
Und da ist noch ein Windspiel vor dem Fenster mit
verschiedenen Kupferstäben und auch kleinen Glöckchen, das wunderbar klingt,
wenn der Wind es bewegt. Es ist ein besonders heller Raum und die Sonne lacht
fast den ganzen Tag herein.
Und auch die Aussicht nach draußen ist wunderbar,
die ganze Natur sieht man. Wiesen, Felder und sogar ein Bach ist da und ganz
hinten auch noch ein Wald.
Das alles gefällt Mariechen sehr gut und sie weiß, dass
sie sich hier mit Sicherheit sehr wohl fühlen wird. Sie ist sehr froh darüber, dass
sie nun bei ihrer Oma sein darf und nicht mehr in dem Kinderheim sein muss.
Dort war es ganz und gar nicht schön. Besonders
weil da auch diese ekelhafte Susi war, die ganz besonders schrecklich böse zu
ihr gewesen war. Marie wusste nicht warum, aber die zog sie ständig bei den
Haaren und war immer sehr gemein zu ihr. Dabei hatte Mariechen ihr nie etwas
getan.
Das versteht sie auch jetzt noch nicht – aber zum
Glück ist dies alles nun vorbei. Marie denkt so viel darüber nach, dass sie
ganz vergessen hat ihre Sachen auszupacken. Schnell holt sie das nach.
Inzwischen geht Oma Wenzel hinunter in die Küche.
Sie brüht einen guten Tee auf und richtet das Abendessen an. Brötchen, Käse,
Wurst, Tomaten, Paprika und Butter stellt sie schon auf den Tisch im
Speisezimmer nebenan.
Auch die Teller und das Besteck und sie stellt auch
noch Blumen vom Garten hin. Es sieht alles so nett aus.
Auch macht Oma im Radio ruhige Musik an und freut
sich mit den beiden zu Abend zu essen. Besonders über das Mariechen freut sie
sich so sehr!
Jetzt erst merkt sie wie alleine sie früher war.
Obwohl sie gern alleine war, doch zu zweit oder zu dritt ist es doch schöner.
Es tut ihr gut Mariechen um sich zu haben, das merkt sie schon nach den wenigen
Stunden.
Oma hat sich auch fest vorgenommen der kleinen
Marie möglichst schnell über die Traurigkeit zu helfen. Doch weiß sie auch –
das alles braucht dennoch seine Zeit.
Aber in der neuen und wunderbaren Umgebung wird es
Mariechen viel leichter fallen – das weiß Oma Wenzel ganz genau, denn Oma
Wenzel kennt ein Geheimnis. Eines das mit dem Land zusammen hängt auf dem sie
wohnt; und auf dem jetzt auch Mariechen wohnen wird.
Doch sie hütet dieses Geheimnis wie ihren Augapfel
und so denkt sie noch nicht einmal weiter. Aber ein kleines
Schmunzeln huscht über ihr altes, faltiges und doch innerlich schönes Gesicht.
Und die Augen leuchten auch für einen Augenblick ganz geheimnisvoll.
Als alles hergerichtet ist und auch der Tee am
Tisch steht geht sie zur Treppe und ruft die beiden herunter, denn das Essen
sei fertig.
Frau Rott ist schon fertig mit allem, da sie ja
nicht viel auszuräumen hat und kommt schon aus ihrem Zimmer. Auch Marie hat den
Ruf gehört und geht auch los, obwohl sie noch nicht ganz fertig ist mit
auspacken. Aber das kann sie ja auch noch später oder am morgigen Tag
erledigen. Sie ist jetzt doch ein wenig hungrig.
Kein Wunder – es war ein langer Tag gewesen – mit
vielen Aufregungen.
Die beiden gehen gemeinsam die Treppe hinunter und
folgen dem süßen Duft von Tee und selbstgebackenen Brötchen.
Der Tisch sieht herrlich aus! Oma Wenzel hat sich
wirklich Mühe gegeben alles so schön wie möglich zu machen. Und die beiden sind
völlig überrascht.
Sie setzen sich an den Tisch. Marie hat auf ihrem
Sessel sogar noch einen schönen dicken Polster liegen auf dem sie wunderbar
sitzen kann und auch richtig gut mit ihren beiden Armen auf den Tisch reichen
kann.
Mariechen findet alles so herrlich – obwohl sie
schon öfter eine Jause gegessen hatte, doch noch nie war der Tisch so üppig,
aber auch liebevoll gedeckt. Zumindest seit ihrer Mami nicht.
Oma Wenzel verwöhnt sie richtig. Bietet aber auch
Frau Rott an sich zu nehmen was sie wolle. Diese bedankt sich herzlich.
Marie ist das erste Mal wieder sogar ein bisschen
glücklich. Darum isst sie auch gleich ein ganz großes Butterbrot mit viel Käse.
Sie liebt nämlich Käse sehr … in allen Varianten, Formen und Farben. Im Heim
hatte sie immer nur wenig Käse bekommen, da war stets mehr Wurst zu haben, doch
die wollte sie nur selten.
Und natürlich in allen Geschmackrichtungen. Es gibt
Käse der außen eine weiße Rinde hat und innen ganz weich ist, den mag sie
besonders, es gibt Käse mit Nußen außen drauf, Käse mit roter Rinde und Käse
mit gelber Wachsrinde. Alle mag sie, doch am allerliebsten hat sie Käsesorten,
die etwas milder sind und eher nußig schmecken, wie der Edeltaler oder
Bergbaron.
Obwohl Mariechen erst 7 Jahre alt ist – da kennt
sie sich aus. Das hat sie von ihrer Mutter – denn die mochte Käse ebenso sehr.
Und Marie hat gerade eine wunderbare Auswahl an Käse vor sich auf dem Tisch,
die viele Wurst sieht sie gar nicht an. Na vielleicht die Putenbrust. Jetzt
merkt sie erst wie viel Hunger sie hat.
Es ist ihr aber auch nicht zu verdenken, denn seit
ihre Mutter gestorben war, hatte sie niemals mehr so richtig ausreichend
gegessen. Doch da sind wieder Gedanken an ihre Mutter und sie ist wieder ein
wenig traurig.
Oma Wenzel merkt das natürlich sofort und streicht
tröstend über ihr rotblondes Lockenköpfchen. „Ich weiß!“ sagt sie und fährt
fort „Es wäre schöner wenn wir Deine Mami nicht so vermissen müssten!“ Marie
nickt und seufzt leise.
Oma Wenzel spricht weiter: „ Ich wäre auch
glücklicher, wenn Deine Mami hier sein könnte, so wie früher! Aber ich glaube
ganz fest, dass sie uns beiden jetzt sicher vom Himmel aus zusieht und
vielleicht sogar hin und wieder bei uns ist, wenn wir schlafen.“ Noch immer
streichelt sie sanft über Mariechens Kopf und lächelt sie an.
Frau Rott lächelt sie auch ganz lieb an u. nickt
dazu: „Deine Oma hat sicher recht!“
Marie erwidert die Blicke der beiden und antwortet
mit einem scheuen Lächeln: „Ich weiß Omi und ich glaube auch, dass sie manchmal
- wie früher - da bei mir ist.“
„Aber“ fährt sie fort „ich möchte so gern, dass sie
mich wie früher in den Arm nimmt und mir über mein Haar streichelt – das fehlt
mir so sehr!“
Oma Wenzel steht vom Tisch auf und geht zu
Mariechen. Sie hockt sich neben sie und umarmt Mariechen ganz doll. Dabei
seufzt sie ganz laut und sagt: „Ich weiß, Mariechen, ich weiß! Aber wenn Du es
willst, dann nehme wenigstens ich dich ganz oft in die Arme und streichle dir
übers Haar, genau so, wie du es gerne hast! Aber ich weiß auch, dass dir das
deine Mama nicht ersetzen kann!“
Mariechen nickt und seufzt auch, aber ganz leise.
Dennoch ist das Angebot von Oma Wenzel für sie genau die richtige Medizin und
sie fühlt sich wunderbar getröstet und geborgen. Genau das, was sie jetzt
braucht.
Frau Rott ist ganz gerührt und sie freut sich, dass
die beiden so schnell zusammen gefunden haben. Sie beschließt doch schon etwas
früher wieder zurück nach Stuttgart zu fahren, denn bis auf ein paar
unwesentliche Dinge ist alles in Ordnung und die kann sie ja auch noch morgen
tagsüber mit Frau Wenzel bereden.
Oma Wenzel geht wieder auf ihren Platz und isst
weiter. Jedoch schaut sie immer wieder zu Mariechen und wenn diese ihren Blick
erwidert, dann lächelt sie ihr verständnisvoll zu.
Mariechen beißt immer wieder in ihr Käsebrot – und
sie trinkt von ihrem Früchte-Tee. Doch erst jetzt kann sie es so richtig
genießen, da ihr die Omi so viel Trost geschenkt hat.
Auch Frau Rott genießt das Essen und entspannt sich
bei einer guten Tasse Tee. Da Oma Wenzel nichts dagegen hat, nimmt sie den Tee
den sie sich selbst mitgenommenen hat. Grüntee. Sie mag diesen einfach am
liebsten.
So dauert das Abendessen doch so bei zwei Stunden -
nach und nach werden alle schön satt.
Obwohl es doch schon Mai ist, so ist dennoch der
Abend noch ziemlich kühl und so setzen sie sich die drei auf die Bank an dem
Kaminofen der im Moment die einzige Wärmequelle für die Wohnstube ist. Obwohl
Oma Wenzel bei der Renovierung schon auch eine Zentralheizung angeschlossen
hatte.
Doch sie liebt den großen Kachelofen, der oben eine
große Eisenplatte hat um alles mögliche wie Tee zu wärmen, und der vorne hin
mit zwei Glastüren geschlossen wird, sodass man dem Feuer zusehen kann – fast
wie bei einem offenem Kamin - und der eine so wunderbare Wärme ausstrahlt und
in dem das Holz laut knistert und knackt.
Auch duftet es wunderbar nach den Bratäpfeln, die
Oma Wenzel schon vor dem Essen auf den Ofen gestellt hatte und die als
Nachspeise gedacht sind. Nur noch wenige Minuten und die Äpfel sind fertig. Nur
noch Zimt und braunen Zucker hinzu und – Hmmm – das schmeckt Jung und Alt. Es ist
ein Genuss und so lassen die drei es sich einfach gut gehen!
Als alle fertig sind, räumt Oma Wenzel die Teller
in die Küche und gibt alles in den Geschirrspüler. Ja - auch wenn das Haus alt
ist – lässt Oma Wenzel es sich gut gehen.
Sie hat alles was sie braucht. Waschmaschine,
Wäschetrockner, Geschirr-spüler, Kaffeemaschine – obwohl sie eigentlich fast
nie Kaffee trinkt, Wasserkocher – für ihren geliebten Tee, Mixer und noch
einige andere kleine Küchengeräte.
Nun – sie ist schon eine ältere Dame und gönnt sich
was. Diese Dinge erleichtern ihr Leben sehr und auf das ist man schon fast ein
wenig angewiesen, wenn man nicht mehr so jung ist.
Obwohl sie noch sehr beweglich und auch ein wenig
sportlich ist. Ja sie fährt viele Strecken mit dem Fahrrad und das erhält sie
körperlich jung.
Und jetzt ist Oma Wenzel erst recht froh darüber, all
die Geräte zu haben, da ja auch noch einiges an Kinderwäsche, Geschirr – und
wer weiß was noch – hinzukommen wird.
Oma freut sich aber sehr, dass Mariechen hier
bleiben wird und da sie ja ein ansonsten sehr gesunder Mensch ist – wenn auch
eben schon ein wenig alt – so macht sie sich darüber keine großen Gedanken und
keine Sorgen.
Sie ist sich ganz sicher – alles wird bestens für
die beiden.
Natürlich lassen sich nicht alle Dinge planen und
man muss mit allem rechnen. Doch sie ist eine Frau die mit beiden Beinen fest
auf der Erde steht und die bisher auch immer alles gemeistert hatte, was das
Leben ihr auf den Weg gestellt hatte.
Auch die Umstellung nun nicht mehr alleine zu leben
und auch damit eine große Verantwortung mit und für die kleine Marie zu
übernehmen, musste sie schnellst-möglichst annehmen.
Doch sie wollte schon immer die beiden – Angela und
Mariechen – bei sich haben. Leider ging das aus beruflichen Gründen Angelas
nicht und so war sie eben alleine geblieben.
Jetzt ist es zwar leider nur Mariechen, die nun doch
zu Oma Wenzel zieht, aber das mit Angela ist eben nicht zu ändern. Doch Oma
werde sich ganz sicher gut um Mariechen kümmern und sie so glücklich machen wie
eben möglich.
Inzwischen sitzen Frau Rott und Marie alleine am
Kaminofen und sie erzählen sich gegenseitig noch wie wunderbar ihre Zimmer
ausgestattet sind. Sie beschließen, noch vor dem Schlafengehen beide die Zimmer
des anderen anzuschauen.
Als Oma Wenzel wieder aus der Küche zurück kommt
schaut sie auf die Uhr und es ist bereits neun Uhr.
„So!“ sagt sie „Ich denke, es ist schon spät und
für Mariechen ist nun Schlafenszeit gekommen!“
„Nein – noch nicht – ich bin noch gar nicht müde!“
bettelt Marie.
Frau Rott sieht auch auf ihre Uhr und ist ganz
erstaunt, dass es schon so spät ist. Sie beschließt für Marie ein gutes Vorbild
zu sein und sagt – mit einem kleinen gespielten Gähnen: „Oh es ist aber
wirklich schon spät – die Zugfahrt und alles haben mich auch schon sehr müde
gemacht – ich denke ich werde wohl auch schon schlafen gehen! Was noch wichtig
ist, können wir sicher ja auch morgen noch besprechen!“
Oma Wenzel bemerkt ein kleines Augenzwinkern und
Schmunzeln in Frau Rott´s Gesicht, mit dem wohl sie gemeint ist und sie versteht
auch gleich, dass Frau Rott nur wegen Marie schon ins Bett gehen will.
Eben, damit es Mariechen am ersten Abend leichter
hat, auch schon ins Bett zu gehen und zu schlafen. Und das obwohl sie, trotz
aller Aufregungen und Anstrengungen, noch immer so überdreht ist.
Marie bemerkt jedoch von den geheimen Zeichen an
Oma nichts und ist dann auch bereit – wenn auch ungern – ebenfalls bald
schlafen zu gehen.
„Aber – wie versprochen – müssen wir beiden erst
gegenseitig noch die Zimmer anschauen!“ bettelt sie noch schnell, nur um die
Schlafenszeit noch raus zu zögern.
„Nun gut!“ sagt Oma Wenzel „das ist noch OK – aber
dann ab ins Bett!“
Sie verabschiedet sich noch von den zweien mit
einem: „Geh noch ins Bad und wasch Dich und putz dir deine Zähne! Ich gehe
sicher auch bald ins Bett! Aber davor komme ich noch um nach Dir zu sehen!“
Liest Du mir noch eine Gute Nachtgeschichte vor?“
fragt Mariechen. Oma nickt Mariechen zu und gibt ihr noch einen dicken Kuss auf
die Wange. Zärtlich streicht sie ihr noch über ihre rötlichblonden Locken.
Dann geht sie wieder in die Küche um das Geschirr
fertig weg zu räumen.
Als sie endlich fertig ist geht sie die Lichter
unten ausdrehen und geht nach oben ins Kinderzimmer nachsehen.
Doch Marie ist nicht da und so macht sie sich auf
die Suche. Im Badezimmer meldet sich auch keiner. Dann bleibt nur noch das
Gäste-Zimmer.
Und tatsächlich – die beiden sind da und Frau Rott
liest gerade ein wenig aus dem Lieblingsmärchenbuch von Marie. Das hatte sie
nämlich zu ihrem letzten Geburtstag von ihrer Mami geschenkt bekommen.
Es ist ein ganz dickes, großes Buch und hat viele
schöne Märchen drinnen stehen. Marie liebt besonders „Das Mädchen mit den
Streichhölzern“ denn das ist so traurig und passt auch gerade jetzt so zu
Mariechens Stimmung und dann mag sie noch „Sterntaler“ – „Dornröschen“ und „Aschenputtel“
gern.
„Zähne geputzt hab ich schon und auch das Gesicht
und Hände gewaschen!“ ruft sie ihrer Oma entgegen als diese kommt.
Oma Wenzel lächelt und sagt „Wunderbar, dann brauch
ich dir dabei ja nicht mehr zu helfen! Dann liest Dir Frau Rott noch das
Märchen fertig vor und dann ab ins Bett!“
„Wir sind gerade fertig geworden!“ sagt Frau Rott
mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Nein!“ ruft Marie – noch ein wenig überdreht: „Du
musst mir auch noch eines vorlesen! Das hast Du mir versprochen!“
„Nun gut, aber in deinem Zimmer! Und nun ab in Dein
Bett! Ich komme gleich nach!“ sagt Oma energisch, denn sie befürchtet die
Kleine sonst nicht ins Bett zu bekommen.
Schnell hüpft Marie aus dem Sessel bei Frau Rott,
in dem sie gesessen hatte und rein in ihr Zimmer. Schnell raus aus den
Klamotten, rein in den Pyjama und ab ins Bett! So – sie war bereit für die Oma!
Erwartungsvoll sieht sie nach der Türe.
Sie hört die beiden Erwachsenen noch etwas
plaudern, dann wird von beiden eine gute Nacht gewünscht und schon geht die
Türe zu ihrem Kinderzimmer auf und Oma Wenzel kommt mit dem Märchenbuch herein.
„Das hätten wir fast vergessen!“ sagt sie und
deutet auf das dicke Buch.
Mariechen setzt sich in ihrem Bett auf und Oma
rückt sich einen Sessel ans Bett, dreht die Nachttischlampe an und rückt diese
zurecht, umso besser lesen zu können.
Zuvor spricht Oma Wenzel noch ein kleines
Nacht-Gebet mit Marie zusammen und dankt dem lieben Gott – Jesus – für seine
wunderbare Hilfe und bittet noch um den Engelsschutz für sie alle. Mariechen
fügt noch die Bitte hinzu, dass er auch gut auf ihre Mami aufpassen solle. Oma
nickt dazu und sagt: „Amen!“
Dann nimmt sie das Märchenbuch in die Hand. „So –
bist du bereit?“ fragt Oma und schaut Mariechen ganz lieb an. Marie nickt. „Es
war einmal ...“ beginnt Oma zu lesen und sie liest Marie das Märchen vom
Froschkönig vor.
Und sie liest und liest. Zwischendrin legt sich
Marie dann doch mal hin und noch bevor Oma Wenzel ganz mit dem schönen Märchen
fertig wird, schläft Mariechen ganz sanft ein.
Ganz tief und fest schläft sie und Oma legt
vorsichtig das Buch auf das Nachtkästchen damit Marie nicht wieder wach wird.
Sie dreht auch ganz vorsichtig das Licht am Bett aus und geht leise aus dem
Zimmer. Am Gang lässt sie noch ein kleines Licht, falls doch noch mal jemand munter
wird und auf das WC muss.
Dann geht sie selbst in ihr ganz eigenes Badezimmer
um sich zu waschen und die Zähne zu putzen. Dieses Bad, das auf der anderen
Seite vom Gang ist, liegt genau neben ihrem Schlafzimmer und ist damit direkt
mit einer Tür verbunden. So muss sie nicht mehr auf den Gang gehen, sondern
kann direkt ins Zimmer gehen. Was sie dann auch tut.
Sie zieht sich dann auch schnell ihr Nachthemd an
und legt sich noch ein ganz bestimmtes Buch auf das Nachtkästchen.
Als sie dann im Bett ist, faltet sie wieder ihre
Hände und betet alleine zu Jesus. Sie dankt ihm, dass Mariechens Reise so gut
verlaufen war und dass die Kleine jetzt bei ihr ist. Und sie bittet um die
Liebe und den Segen für die Kleine, für Angela – Maries Mutter, Frau Rott und
für alle Menschen auf der Erde.
Und sie dankt nochmals für die große Liebe und den
Segen die sie selbst jeden Tag von ihm erhält. Sie liebt Jesus und freut sich
sehr über die Beziehung mit ihm.
Danach liest sie noch in dem Buch – es ist die
Bibel – und handelt eben genau von Gott. Dem alten Gott der noch nicht sichtbar
war und im neuen Testament über den sichtbaren Gott in Jesus. Sie hat viele
Bücher über ihn und liebt es darin zu lesen. Das tut ihr gut.
Doch irgendwann wird auch sie müde, legt das Buch
auf ihr Nachtkästchen zurück, kuschelt sich in ihr Bett und schläft auch sehr
bald ein.
Es war ja ein aufregender Tag und alle drei sind
schon eingeschlafen.
J
Am nächsten Morgen kitzeln die ersten
Sonnenstrahlen auf Maries Nase und wecken sie auf. Sie gähnt lange und laut.
Und dann reckt und streckt sie sich noch genüsslich unter der warmen Bettdecke.
Der Wecker auf ihrem Nachtkästchen steht auf 7:38
Uhr. Aber sie will noch nicht aufstehen, denn sie genießt es lieber noch ein
wenig die Sonnenstrahlen auf ihrer Nase tanzen zu lassen.
Draußen vor dem Fenster sitzt ein kleiner Vogel auf
dem Birnbaum der fast so hoch ist wie das Haus. Er musste wohl auch schon sehr
alt sein, denn so groß wird ein Baum wohl erst nach vielen, vielen Jahren.
Der Vogel singt sein lustiges Lied und Mariechen
lauscht dem Gesang ganz aufmerksam. Sie liebt die Natur und ihre Bewohner sehr
und so kann sie diese Dinge auch so besonders schätzen.
Als dann doch der Vogel mit dem Gesang aufhört und
weiterfliegt, steigt Marie munter aus dem Bett und geht hinaus aus ihrem
Zimmer. Draußen am Gang ist es noch still, aber als sie an der Treppe vorbei
gehen will, hört sie unten jemanden herum werken. Teller klappern und allerlei
Laute hört sie die sie nicht richtig einordnen kann. Kurz und gut – da unten
ist jemand schon sehr beschäftigt.
Mariechen – immer noch in ihrem Pyjama – geht die
Stufen hinunter, ganz neugierig wer sich da hinter diesem Geklapper und
Geklirre verbirgt. Und als sie um die Ecke zum Wohn- und Speisezimmer geht,
steckt sie vorsichtig den Kopf durch die halboffene Türe.
Es ist Oma Wenzel die schon so emsig damit
beschäftigt ist, den Tisch für das Frühstück zu decken. Fast wie am Abend
zuvor, stellt sie Brot, Käse und auch Wurst auf den Tisch. Noch Honig und
Marmelade. Sie ist schon fast fertig.
„Guten Morgen!“ sagt sie plötzlich und dreht sich
erst dann zu Mariechen um und lächelt sie ganz lieb an.
„Guten Morgen, Oma!“ sagt Marie und läuft zu ihr hin
um sie zu umarmen.
Hatte Oma das erraten, dass Marie in der Türe
stand? „Wieso weißt Du dass ich es bin?“ fragt sie gleich ganz neugierig.
Oma Wenzel beugt sich hinunter und umarmt ihre
kleine Enkelin und gibt ihr zwei ganz dicke Küsse auf die Wange. „Weil ich ein
kleines Knacksen an der Diele hörte und eben gut geraten habe wer es sein
könnte!“ erklärt sie leicht schmunzelnd und fragt dann weiter: „Hast Du gut
geschlafen?“
Marie nickt – noch immer staunend darüber, dass Oma
es erraten hatte – und erzählt, dass sie von der Sonne wachgeküsst worden sei
und dass ihr auch schon ein Vogel einen wunderbaren Morgengesang geschenkt
hätte.
Oma Wenzel lächelt. „Tja, das ist bei uns hier am
Lande den ganzen Tag so!“ sagt sie und fährt fort: „Oftmals führen die Vögel
sogar regelrechte Singkonzerte vor!“
„Besonders beliebt ist der Birnbaum vor Deinem
Fenster, aber auch der Apfelbaum vor meinem Fenster ist oft wie bei einem
Konzert von den gefiederten Freunden überfüllt. Die lassen sich meist nicht mal
von den Katzen stören, die oftmals ums Haus streichen. Heute scheint nur einer
hergefunden zu haben!“ schließt Oma mit ihren Erzählungen.
„Darf ich Dir beim Tisch decken helfen?“ fragt
Mariechen und es scheint, dass sie sogar ein wenig glücklich ist. Hat sie ihre
Mutter vergessen? Nein - sicher nicht, doch sie ist nicht mehr so traurig wie
sie es noch vor einem Tag gewesen war.
„Eigentlich ist es nur noch das Besteck, das noch
fehlt!“ erwidert Oma Wenzel. „Aber wenn Du wirklich willst, kannst du es
auflegen. Weißt Du wie es geht?“ fragt Oma die Kleine. Marie nickt.
„Doch davor solltest du noch ins Bad gehen und dir
was anderes anziehen! Du bist ja noch immer im Pyjama!“ Oma lächelt noch mehr.
Marie hatte doch wirklich ganz vergessen sich anzuziehen.
Sie läuft schnell die Treppe hoch ins Bad. Rasch eine kleine Katzenwäsche –
ganz ausnahmsweise natürlich – und ab ins Zimmer. Rasch sucht sie im
Kleiderschrank nach dem roten Pullover und eine hellblaue Jeanshose, die weißen
Socken holt sie aus dem Koffer. Reingeschlüpft in die Klamotten und wieder
runter zu Oma. All das in Schnelllauf!
Mariechen möchte doch unbedingt der Oma Wenzel
helfen und das Besteck auf den Tisch legen. Sie kommt ins Esszimmer und sieht, dass
Oma tatsächlich das Besteck für sie schon hergerichtet hat.
Sie hatte von ihrer Mutter genau lernt, wie das
geht. Die Gabeln links und die Messer rechts von den Tellern. Nur bei den
kleinen Löffeln weiß sie nicht so ganz wohin. Doch dann erinnert sie sich, dass
damit der Zucker in die Tasse gegeben wird und so legt sie sie neben die Tassen.
Sie ist ganz stolz, als sie fertig ist und von Oma
Wenzel ein großes Lob bekommt.
Oma geht nochmals in die Küche und gibt noch Wasser
in den Wasserkocher damit alles fertig ist, wenn Frau Rott herunter kommt.
Noch ist von ihr nichts zu sehen. Doch dann hören
die beiden Schritte auf der Treppe und Frau Rott schaut um die Ecke ins
Esszimmer um Oma Wenzel zu suchen, doch da ist niemand. In der Küche wird sie
endlich fündig.
„Hallo, guten Morgen!“ sagt Frau Rott „Ich hoffe
ich bin nicht zu spät dran!“
Oma erwidert den Gruß und schüttelt den Kopf.
„Nein, nein alles in bester Ordnung! Mariechen und ich haben gerade den Tisch
fertig gedeckt und der Tee ist auch bald fertig!“ sagt sie und schaltet den
Wasserkocher an, damit das Wasser heiß wird.
Dann fragt sie nach, welchen Tee Frau Rott und
Mariechen gerne trinken wollen. Diesmal entscheiden sich alle für Früchtetee –
auch Frau Rott. Oma Wenzel trägt den Tee hinaus zum Esstisch und alle setzen
sich an den Tisch.
„Hmmm! Wie das herrlich duftet!“ sagt Frau Rott und
lächelt Mariechen lieb an. Diesmal streicht sie Mariechen eine Locke aus dem
Gesicht.
Marie sitzt auf ihrem Polster wirklich sehr bequem
und fühlt sich bei der Oma Wenzel ja wirklich fast schon glücklich. Wenn sie
den Kummer wegen ihrer Mama wegrechnet. Ja – die Mama fehlt Mariechen wirklich
sehr. „Vergessen werde ich die Mama niemals!“ denkt sie so bei sich.
Als Oma Wenzel „Guten Appetit!“ wünscht, wird Marie
aus ihren Gedanken heraus geschreckt. Aber das gibt sich schnell wieder und sie
greift kräftig bei Brot, Butter und ihrem geliebten Käse zu.
Oma nimmt auch von dem Tee und macht sich zwei
Schwarzbrote mit Butter, Putenwurst und ebenfalls Käse.
Frau Rott bedankt sich für die freundliche
Einladung und greift auch zu. Doch sie nimmt nur Tee, ein Brot mit wenig
Butter, denn Margarine gibt es bei Oma nicht, und den selbstgemachten Topfenaufstrich.
Dafür nimmt sie als sie damit fertig ist, noch frischgepressten
Orangensaft der auch noch auf dem Tisch steht. Allen schmeckt es ganz wunderbar
– ob das wohl von der guten Landluft kommt?
Nun – es ist schon viel dran – Landluft fördert den
Appetit und macht rosige Wangen. Genauso wie bei Oma Wenzel – sie hat auch ganz
rosige Wangen.
Mariechen nimmt sich noch ein kleines
Weizenbrötchen und gibt viel Käse hinzu. Sie genießt das Frühstück und lässt es
sich an nichts fehlen. Auch der Tee schmeckt ihr sehr gut.
Es ist ein wirklich schöner Raum, der sehr
gemütlich eingerichtet ist und auch an den Wänden mit einem warmen rotbraunen
Holz verkleidet ist. Und von den großen Fenstern kommt sehr viel Licht herein.
Ein wirklich sehr gemütlicher warmer Raum; da muss ja das Essen so gut
schmecken.
Als dann endlich doch alle drei mit Essen fertig
sind, steht Oma auf um den Tisch abzuräumen. Frau Rott hilft ihr dabei. Oma
schickt Marie ein wenig hinaus in den Garten und sie willigt gerne ein.
Sie geht auf die Veranda und setzt sich erst mal
auf die linke Schaukel – von der sie aus den ganzen Garten überschauen kann.
Erkunden will sie ihn noch nicht gleich, denn sie
ist doch tatsächlich ein wenig müde, von dem doch etwas üppigen Essen. Aber sie
schaukelt hin und her und da passiert es doch glatt wirklich, dass ihr schon so
bald nach dem Aufstehen schon wieder die Augen zufallen. Kommt das von dem
vielen Essen?
Schon ist Mariechen eingenickt und ohne etwas zu
träumen verbringt sie fast zwei Stunden damit. Mal dreht sie sich hin und mal
her. Und die Schaukel schwingt mit Marie mit. Irgendwann wird sie dann doch ein
wenig munter, aber nicht ganz.
Plötzlich – als sie so im Halbschlaf da liegt –
hört sie mit geschlossenen Augen ein leises Gekicher. Ganz klare hell klingende
Stimmen reden wirr untereinander und sausen um ihren Kopf herum und als sie die
Augen wieder öffnet schwirren kleine Lichter um ihren rotblonden Lockenkopf
herum. Wieder dieses Gekicher.
Fast kann sie einige Stimmen rufen hören: „Hallo!“
Und wieder das Gekicher. Und eine davon hört sie fragen: „Wer das wohl ist?“
Mariechen staunt nicht schlecht – doch als sie kaum
ihre Augen geöffnet hatte und die umherschwirrenden Lichtlein gesehen hatte –
Schwups – da sind sie auch schon wieder in Richtung Wiese und Wald
verschwunden.
Nur noch von fern hört sie wieder dieses helle
Lachen und dann ist es wieder still. Sie hört nur noch die Vögel zwitschern und
ein paar Bienen summen und in der Ferne rauscht der Bach.
Mariechen läuft – ganz außer sich – hinein in die
Stube, wo sie Oma Wenzel sieht. Sie fängt in ihrer Aufregung an zu Stammeln und
erzählt hastig was sie erlebt hat.
Doch als sie fertig ist mit den Erzählungen legt
Oma Wenzel schnell der Marie den Zeigefinger auf die Lippen und sagt „Pssssttt!
Marie – das darfst Du niemandem erzählen – außer mir! Das ist ein streng
gehütetes Geheimnis und niemand außer uns beiden darf es wissen! Gerade auch
Frau Rott nicht!“ Sie lächelt ganz geheimnisvoll.
Oma Wenzel befürchtet, dass Frau Rott, wenn sie
diese Geschichte und deren Wahrheit erfahren würde, ja - dass sie dann Oma
nicht für ganz normal halten könnte und Marie wieder mitnehmen würde.
Marie ist ganz erstaunt – ein Geheimnis!!!? Oh –
was hatte sie da wohl gesehen?
Oma fährt fort: „Ich verspreche Dir, dass wir
gleich wenn Frau Rott abgefahren ist, ganz genau darüber sprechen werden. Und
dann erzähle ich Dir genau was das war! Aber versprich mir dass Du vor Frau
Rott nichts sagst!“
Oma ist auch ein wenig ernst geworden, obwohl
dieses geheimnisvolle Leuchten noch immer in Omas Augen zu sehen ist.
Marie nickt ebenfalls ganz ernst – sie ist ja schon
7 Jahre alt und kann ein Geheimnis wohl hüten! Marie beschließt wirklich dieses
Geheimnis für sich zu behalten.
Obwohl – sie ist schon sehr neugierig und aufgeregt
ist sie noch mehr! Dennoch, sie verspricht ihrer Oma fest, dass sie das nicht
weiter erzählen werde. Und was Marie einmal verspricht – das hält sie auch!
Plötzlich erscheint Frau Rott in der Türe und die
beiden Verschwörer – Marie und Oma Wenzel – schweigen schnell und tun so als
wäre nie etwas Außergewöhnliches passiert.
Frau Rott fragt ob sie den Müll in die Mülltonne
wegtragen solle und wo diese stünde. Oma gibt ihr gleich eine sehr ruhige
Antwort und Marie schweigt. Besser ist besser. Sie will sich nicht verraten.
Das macht sie schon fast wie eine Erwachsene.
„Na immerhin bin ich schon ein so großes Mädchen
und kann Geheimnisse wirklich gut für mich behalten!“ denkt sie bei sich und
bekommt auch ein so geheimnisvolles Lächeln im Gesicht.
Doch das sieht Frau Rott nicht mehr, da sie schon
längst hinaus zur Mülltonne gegangen ist. Und als sie wieder zurück ist, hat
sich Marie weitgehend beruhigt.
Da alles Geschirr abgewaschen und weggeräumt ist,
beschließen Oma Wenzel und Frau Rott auch gleich ihre letzten Besprechungen
abzuhalten und um all den nötigen Papierkram zu erledigen.
Marie findet das viel zu langweilig und bittet Oma
wieder hinausgehen zu dürfen. Sie möchte wieder hinaus auf die Veranda.
Insgeheim hofft sie, dass sich das vorhin erlebte, wiederholen würde.
Sie legt sich – wie vorhin – auf die weiße Schaukel
und legt ihren Kopf auf die kuscheligen Poster die darauf liegen. Sie schließt
wieder ihre Augen und tut so, als ob sie schlafen würde. Und dann wartet sie.
Und wartet. Und wartet.
Aber es ist nichts zu hören. Sie blinzelt ganz
vorsichtig durch ein Auge – in der Hoffnung wieder diese kleinen bunten
Lichtpunkte zu sehen. Nichts.
„Hmmm“ denkt Mariechen „Warum kommen diese Lichter
jetzt nicht?“
Sie schaut in die Ferne – dorthin wo sie beim
ersten Mal verschwunden waren – aber sie sieht nichts und hört auch nichts.
Enttäuscht zuckt sie mit den Schultern und
schaukelt etwas herum.
Wirklich schade – sie hätte es wirklich so sehr
gewollt, dass sie dieser Sache auf den Grund geht. Und das Versprechen von Oma,
ihr das zu erklären, machte ihre Neugier auch nicht weniger.
Im Gegenteil – Oma scheint etwas zu wissen. Und
Marie will das auch gern wissen. Eigentlich schon jetzt. Aber sie hatte Oma
Wenzel versprochen nichts zu verraten. Und Marie hält was sie verspricht. Sie
kann schon ein Geheimnis für sich behalten – auch wenn es ihr sehr schwer
fällt. Sie denkt und denkt darüber nach – was das wohl war. Aber sie weiß nicht
was sie davon halten soll.
Plötzlich geht die Haustüre auf und die beiden
Frauen treten auf die Veranda.
Oma Wenzel und Frau Rott sehen ganz vergnügt zu
Marie hin und Oma sagt: „So, wir haben jetzt alles erledigt und jetzt ist es
schon bald Mittag. Marie – wenn Du willst gehen wir alle drei zum Mittagessen
nach Erkelenz in einen Gasthof.“
„Ja!“ ruft Mariechen ganz freudig erregt. Sie war
erst einmal – an ihrem letzten Geburtstag – mit ihrer Mama auswärts essen
gewesen und es hatte ihr sehr gut gefallen. Es waren lauter feine Leute da und
die Sessel waren wunderschön in rot gepolstert.
An den Wänden waren schöne große Bilder aufgehängt
und am Tisch war eine beige Tischdecke mit ganz kleinen, bunten Blumen
bestickt.
Mama hatte ihr eine Limonade, ein Wienerschnitzel
mit Pommes und ein kleines Eis gekauft. Hmmm, das schmeckte!
Marie erzählt das ganz aufgeregt den beiden – Frau
Rott und Oma Wenzel - und die beiden lächeln Mariechen lange an.
„Oh, das war wohl ein sehr feines Lokal. Deine Mama
hat sich da ein wunderbares Geburtstagsgeschenk ausgedacht.“ sagt Oma Wenzel
und fährt fort: „Doch wo wir hingehen, das ist nicht ganz so fein. Das ist nur
ein ganz normaler Gasthof, aber Du wirst sehen, es wird Dir auch gefallen und
da gibt es ganz wunderbares Essen und es kostet gar nicht viel! Also – in einer
Stunde geht’s los!“
Bis dahin will Frau Rott sich noch ein wenig im
Garten umschauen. Als Oma Wenzel sich von Frau Rott unbeobachtet fühlt, gibt
sie ihrer Enkelin Marie ein Zeichen. Sie legt den Zeigefinger auf die Lippen
und zeigt Mariechen an, ja nichts zu verraten. Sie nickt. Oma lächelt Mariechen
an und da ist ja auch wieder dasselbe geheimnisvolle Leuchten in den Augen.
„Das muss aber ein wunderbares Geheimnis sein!“
denkt Marie so bei sich und freut sich schon fast darauf, wenn Frau Rott wieder
abreist.
„Wann kann
mir Oma denn endlich alles über die bunten Lichter erzählen!?“ denkt sie „Ich
will das endlich wissen!“ Aber daraus wird wieder nichts!
Trotzdem – im Grunde mag sie Frau Rott ja doch
sehr, darum lächelt sie Frau Rott auch freundlich an. Diese schaut sich die
Blumen und das selbst gepflanzte Gemüse an und Oma erklärt ihr ausführlich was
das jeweils ist.
Oma hat viel Salat und Gemüse gepflanzt, sie will unabhängig
sein und auch, dass alles rein biologisch und wirklich gesund ist.
Frau Rott staunt nicht schlecht, als Oma ihr die
vielen Tomatenstauden, die frisch gesetzten Gemüsepflänzchen, die Salatbeete,
Karotten- und Radieschenbeete und die vielen Obstbäume und -stauden zeigt, die
hinter dem Haus im hinteren Teil des Gartens liegen da man so fast direkt von
der Küche zum Garten und so zum frischen Gemüse und Obst kommen kann.
Ganz anders, als die wild wuchernden Blumen im
vorderen Teil des Gartens. Aber die Blumen will sie so wild gewachsen haben –
den Grund dafür verschweigt Oma Wenzel. Aber sie weiß genau warum sie das so
und nicht anders will. Und so zieht sich der wunderbare Wildwuchs um die Wiese
von der Veranda, über Wiesen und Felder bis hin zum Wald, der ziemlich weit weg
erscheint. Und von dem klaren Bach bis hin zum Haus und daran vorbei.
Es leuchtet alles in einem wunderbaren satten Grün
und die vielen Blumen duften so herrlich, dass Marie ganz tief einatmet um so
viel wie möglich davon in sich aufzunehmen. Und immer wieder. Sie liebt den
Geruch. Und ihr ist als könne sie sogar auch noch den Wald riechen. Auch diesen
Geruch liebt sie sehr.
„Oh ja – hier wird es mir sehr gefallen!“ sagt Mariechen
zu den beiden Frauen „Ich liebe diesen herrlichen Blumenduft!“ Darüber hinaus
hat sie sogar fast die Stimmen und Lichter vergessen – aber nur fast.
Nun gehen alle drei wieder zum Haus, Frau Rott holt
ihre Tasche aus ihrem Zimmer und alle ziehen sich an.
Oma Wenzel muss wieder ein Taxi rufen, denn ihr
Auto kann sie nicht nehmen, weil sie noch keinen Kindersitz besorgen konnte und
das Auto immer noch bei der Reparatur ist. Doch schon seit einigen Jahren hat
sie dieses Auto.
Es ist hellrot und hat an der Rückseite einen
Aufkleber, einen bunten gezeichneten Fisch mit der Inschrift „JESUS liebt
Dich!“ erklärt Oma.
Sie liebt es Auto zu fahren und sie kann das auch
wirklich gut. Immerhin hatte sie den Führerschein, ohne den man ja gar nicht
Autofahren darf, erst mit vierzig Jahren gemacht. Und die Prüfung mit sehr gut
bestanden! Fehlerfrei!
Oma ist schon ein wenig stolz darauf in diesem
Alter noch eine solche Prüfung bestanden zu haben – obwohl alle anderen ganz
jung gewesen waren.
Als der Wagen kommt sind auch Frau Rott und Marie
schon da und alle drei steigen in das Taxi ein. Der Taxifahrer fragt nach dem
Zielort und fährt zügig los. Oma bittet den Fahrer nach Erkelenz zum Gasthof
Linde zu fahren. Er nickt.
Alle drei hängen während der Fahrt ihren eigenen
Gedanken nach. Und kaum eine viertel Stunde Fahrt und sie sind schon angelangt.
Oma Wenzel zahlt und gibt dem Taxifahrer noch ein
gutes Trinkgeld. Der bedankt sich sehr herzlich und fährt dann wieder weiter.
Im Gasthof ist noch nicht viel los. So suchen sich
die drei einen guten Platz am Fenster wo die Sonne wunderbar herein lacht. Sie
bestellen auch gleich bei der Kellnerin die Getränke. Oma Wenzel und Frau Rott
trinken ein kleines Bier und Marie bestellt eine Apfelschorle. Gerda, die
Kellnerin, geht die Getränke holen.
Das Gastzimmer ist hell und mit viel Holz
eingerichtet und hat etliche Bilder an den Wänden. Bilder über Pferde. Pferde
die arbeiten und Holzstämme ziehen; Pferde die in eine Kutsche eingespannt sind
und Personen herumkutschieren. Die Bilder gefallen Marie gut – sie liebt
Pferde. Mit Ihrer Mama konnte sie mal in den Zirkus gehen und da hatten ihr auch
die Pferde am besten gefallen.
Jetzt aber bekommen die drei die Speisekarte und
alle schauen aufmerksam hinein. Die Wahl ist doch ein wenig schwer. Sollten sie
lieber Fleisch oder Fisch essen? Marie hat es da auch nicht viel leichter, denn
für die Kleinen gibt es auch eine eigene Auswahl. Zwergenschnitzel mit Pommes.
Räuber-Würstel mit Pommes. Oder Spagetti mit Tomatensauce.
Marie fällt die Entscheidung gar nicht leicht, aber
dann endlich nimmt sie doch das Zwergenschnitzel mit Pommes. Das hatte sie damals
auch mit Mami gegessen.
Frau Rott hat sich auch schon entschieden – sie
nimmt Putenbrüstchen mit Petersilkartoffel und Salat. Oma aber weiß noch nicht
so ganz was sie nehmen will.
Doch sie entscheidet sich dann doch für gebackenen
Fisch mit Kartoffelsalat. Die Nachspeise würden sie sich dann vielleicht noch
nach dem Essen aussuchen.
Die Kellnerin Gerda hat alles auf ihrem Schreibblock
aufgeschrieben und geht schnell in die Küche um dem Koch die Bestellung zu
geben. Gleich danach bringt sie den Dreien die Getränke. Zwar ist der Hunger
noch gar nicht so groß, aber dafür haben alle drei einen umso größeren Durst.
Marie trinkt gleich das halbe Glas leer. Oma staunt nicht schlecht und Frau
Rott ebenfalls.
Beide lachen munter über die glucksenden Geräusche
die Mariechen beim trinken macht und als Marie ihren Durst gelöscht hat lacht
sie mit; fast hätte sie sich verschluckt. Es macht nichts, dass eine geraume
Weile dauert bis dann doch auch das Essen gebracht wird.
„Hmmm! Das riecht aber gut!“ sagt Oma Wenzel als
sie den Fisch vor sich auf dem Teller liegen hat. Mariechen macht es ihr nach
und zieht den Duft ihres Schnitzels in ihre Nase und sagt auch „Hmmm!“ Sie ist
ganz glücklich, denn sie war ja erst einmal richtig zum Essen aus und dies war
das zweite Mal.
Auch Frau Rott genießt ihr Putenbrüstchen mit
Kartoffeln und Salat und wie immer isst sie sehr langsam. Sie genießt eben
wirklich jeden Bissen. Als sie fertig ist zeigt auch Sie, dass es ihr wirklich
sehr gut geschmeckt hat.
Oma Wenzel ist auch sehr zufrieden mit ihrem Essen
und bestellt sich noch etwas zum trinken. Alle drei sind rundum zufrieden mit
ihrer Speisenwahl und fühlen sich zwar schön satt, aber dennoch nicht
angefüllt.
Und zum wunderbaren Ausklang entscheiden sie sich,
doch auch noch eine kleine Nachspeise zu bestellen. Wieder haben sie es nicht
leicht zu wählen.
Oma Wenzel bestellt noch einen Eispalatschinken,
Frau Rott bestellt Kaffe und eine Tiramisuschnitte und Mariechen bestellt sich
ein kleines Kindereis das mit einer Kasperle-Eistüte und vielen bunten Streusel
garniert ist.
Wieder müssen die drei ein wenig warten, aber sie
plaudern einfach ein wenig. Und Frau Rott erklärt bei dieser Gelegenheit auch
gleich, dass Sie sich nun doch entschieden hat, wirklich am Morgen zurück zu
fahren. Es sei im Zimmer von Marie nichts wichtiges mehr zu machen – auch
hatten die beiden Erwachsenen schon alles besprochen, auch sonst war alles
bestens geregelt. Und auch zwischen Oma und Mariechen ginge alles sehr gut –
einfach bestens.
Irgendwie ist Marie traurig darüber, aber dann
fällt ihr wieder ein, dass sie dafür gleich mit Oma über die Lichter reden kann
und das tröstet sie darüber hinweg. Immerhin war Frau Rott sehr lieb zu Marie
gewesen und sie mag sie sehr gerne.
Nachdem sie fertig sind und bezahlt haben -
bestellt Gerda ihnen wieder ein Taxi zum nach Hause fahren. Es ist wieder derselbe
Fahrer wie beim herfahren.
Es dauert gar nicht lange bis sie wieder zu Hause
sind. Der Taxifahrer ist sehr freundlich als er den drei Damen beim aussteigen
hilft. Er bekommt noch einmal ein gutes Trinkgeld von Oma Wenzel und fährt
gleich danach wieder die Straße entlang in Richtung Stadt.
Die Drei sind ganz fröhlich als sie in das Haus
gehen. Frau Rott hat sogar einen tollen Witz und erzählt ihn gleich mal Oma
Wenzel. Die beiden lachen ganz laut und bei Oma wackelt der ganze Körper mit.
Marie hat den Witz zwar eigentlich nicht verstanden, aber das Wackeln von Oma
ist so witzig, dass sie einfach mitlacht.
Wieder und wieder fangen die drei an zu lachen.
Immer wieder, wenn sie sich endlich ein wenig erholt haben, muss Oma doch
wieder lachen und dann können auch die beiden anderen nicht mehr anders. Alle
drei haben einen richtigen Lachkrampf. Oma Wenzel tut schon alles weh vor
lauter Lachen.
Plötzlich läutet das Telefon und reißt alle wieder
heraus.
Oma Wenzel muss sich aber ganz schön zusammen
reißen damit sie bei dem Telefonat nicht wieder zu lachen beginnt. Sie spricht
einige Zeit und legt dann wieder auf.
Sie erklärt Frau Rott, dass es der Gemeindepfarrer
gewesen sei, der seinen wöchentlichen Anruf machte, um sich nach ihrem
Wohlbefinden zu erkundigen. Oma Wenzel ist eine gläubige Frau, geht aber fast
nie in die Kirche. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen kümmert sich der
Pfarrer regelmäßig um sie und weil sie eine so liebenswürdige Dame ist.
Oft kommt er auch persönlich auf Besuch um eine
Tasse Tee oder ein Glas Wein mit ihr zu trinken und sich mit ihr über Gott und
die Welt zu unterhalten. Er sei ein sehr warmherziger und einfühlsamer Mensch
mit dem Sie schon so manches wunderbare Gespräch hatte.
Jetzt haben sich alle drei wieder erholt von ihrem
Lachanfall. Aber sie sind zufrieden und gehen hinaus auf die Veranda um sich
auf die Schaukeln zu setzen. Oma holt Gläser und gibt noch ein paar Eiswürfel
in den Saftkrug, der mit einem sehr süßen, selbstgemachten Apfelsaft angefüllt
ist.
Frau Rott meint, sie hätten noch einige Papiere
auszufüllen und das möchte sie gern noch an diesem Abend machen damit sie noch
den restlichen Spätnachmittag miteinander genießen können.
Oma Wenzel ist einverstanden damit und setzt sich
nun ebenfalls dazu.
Einige Minuten herrscht Stille, denn die drei
genießen die wunderbare Wärme welche die Sonne ausstrahlt und alles in ein
goldenes Licht einhüllt. Vögel zwitschern und es ist sogar einer darunter der
eine unglaubliche Arie zu singen beginnt bei der alles nur noch staunen kann
über die Gabe dieses kleinen Tierchens.
Besonders Mariechen ist fasziniert von dem
wunderschönen Gesang dieses Vogels. Sie fragt Oma welch ein Vogel dies wohl
sei, aber Oma kann diese Frage auch nicht sicher beantworten. Aber
wahrscheinlich sei es eine Singdrossel.
Marie nickt und hört wieder gebannt zu wie dieser
kleine Vogel eine Arie nach der anderen singt als wolle er vom Himmel erzählen.
„Ob wohl Mami im Himmel auch diesen Vogel singen
hören kann?“ denkt sie für sich ... doch dann stellt sie die Frage doch auch
laut an ihre Oma.
Oma Wenzel lächelt ganz lieb und streichelt ihrer
Enkelin sanft übers Haar. „Sicherlich kann sie auch die Vögel hören wenn sie
will! Und ich bin sicher, dass sie auch sicher mal zu Mariechen auf Besuch
kommt!“ entgegnet Oma und fährt fort: „Aber da sie jetzt ein Geistwesen
geworden ist, kann man sie leider nicht mehr sehen.“
Mariechen staunt nicht schlecht als sie das hört. Frau
Rott ist auch sehr erstaunt, aber Mariechen freut diese Erklärung über die Mami
und sie denkt so bei sich: „Ob Mami jetzt gerade auch bei uns ist und uns
zusieht?“ Laut fragt sie Oma: „Jetzt auch?“ Oma zuckt mit den Achseln und sagt:
„Wer weiß?“
Marie lächelt und sieht sich um, ob sie nicht doch
irgendetwas Außer-gewöhnliches bemerkt.
Aber nichts scheint anders, nichts Überirdisches
scheint sich zu tun. Marie ist enttäuscht. Ja ein wenig traurig sogar. Jetzt
merkt sie wieder, dass ihr ihre Mami doch sehr fehlt. Wenn sie abgelenkt ist,
merkt sie es nur nicht.
Oma Wenzel bemerkt das und hebt Mariechen auf ihren
Schoß. Sie umarmt sie ganz zart und liebevoll und dann fängt sie an Mariechen
zu erzählen:
„Weißt Du,
den lieben Gott – der im Himmel wohnt – kannst Du auch nicht sehen und
doch ist auch er immer bei uns, um uns und sogar in uns und auch unsere
Schutzengel und wohl auch noch viele andere gute Engel und sind meistens da.
Nur da sie alle Geistwesen sind – wie deine Mami
jetzt auch – können wir sie mit unseren Augen nicht sehen. Nur wenn der liebe
Gott es zulässt und sie es wollen!“
Marie macht ganz große Augen und freut sich sehr
darüber. Das Gefühl, dass ihre Mami zumindest unsichtbar hin und wieder da sei,
macht sie ganz froh.
Aber auch der Gedanke, dass der liebe Gott und auch
viele Engel da seien beruhigt sie ungemein.
„Und alle können den wunderbaren Gesang dieses
Vogels hören?“ fragt sie nochmals nach.
„Ja, wenn sie das wollen, dann können sie alles
sehen und hören was sich bei uns so tut!“ antwortet Oma mit einem breiten
Lächeln. „Du würdest staunen was sie alles können!
Aber das erzähle ich Dir ein anderes Mal, jetzt muss
ich wieder hinein um die Wäsche in die Waschmaschine zu geben und in zwei
Stunden fange ich an das Abendessen vorzubereiten! Frau Rott bleibt sicher noch
ein wenig bei Dir!“
Frau Rott nickt und Mariechen tut es ihr gleich.
Beide hören wieder der Singdrossel zu und diese
singt und singt – ganz unermüdlich als hätte sie um eine Braut zu werben.
So vergeht fast eine ganze Stunde bis sich der
Vogel auf einmal in die Lüfte hebt und verschwindet. Nun ist es ganz still
geworden aber Mariechen genießt das.
Spätnachmittags ist es schon geworden und Mariechen
fühlt sich doch so richtig wohl und geborgen und schnell ist sie sogar auf der
Schaukel eingeschlafen.
Frau Rott deckt sie mit einer kleinen dünnen Decke
zu und geht leise zu Oma Wenzel ins Haus. Als sie in den Flur kommt steigt ihr
schon ein wunderbarer Duft in die Nase. Sie hört in der Küche bereits das
Geschirr klappern und geht zu Oma Wenzel hinein.
Oma richtet gerade die Teller und das Besteck her
und Frau Rott fängt an diese auf den Tisch zu legen. Als Oma das merkt sagt sie
ganz erfreut: „Oh, danke! Das wäre aber nicht nötig gewesen!“
„Schon gut, ich mach das doch gern!“ erwidert Frau
Rott während sie das Besteck auflegt. Oma Wenzel schaltet eine gute Musik ein
und stellt ein paar Bratäpfel in Folie auf den Tisch die schon fertig gebraten
sind. Noch ein paar Tücher darauf gelegt, damit sie auch schön warm bleiben.
Jetzt weiß Frau Rott was da im Gang schon so
herrlich geduftet hatte. „Hmmm“ denkt sie bei sich „Wie lange hab ich schon
keine so wunderbaren Bratäpfel mehr gegessen!“ und erinnert sich an jene Zeit
in ihrer Kindheit zurück wo sie immer wenn sie bei Ihrer eigenen Großmutter
gewesen war und ebenfalls so herrliche Speisen bekam.
Bratäpfel mit Zimt und braunen Zucker, Grießpudding
mit Kirschsauce, Schokoladenpudding, Milchrahmstrudel mit Vanillesauce und noch
vieles andere gute mehr.
„Hmmm!“ ihr rinnt richtig das Wasser im Munde
zusammen als sie so zurückdenkt. Und sie merkt plötzlich wie sie wieder zu dem
kleinen Mädchen von damals wird. Und sie vermisst ihre Oma plötzlich auch
wieder sehr, denn sie war vor einigen Jahren verstorben.
Plötzlich spürt sie wie sie jemand am Arm drückt.
Sie wird herausgerissen aus ihren Gedanken – es ist Oma Wenzel die sie fragend
anschaut und entsprechend lautet auch ihre Frage: „Alles in Ordnung?“
„Ja – ja! Durch diese herrlichen Bratäpfel war ich
nur ein wenig in die Zeit zurückversetzt, als ich bei meiner eigenen lieben Oma
war! Sie konnte wunderbar kochen und backen und war eine sehr liebe und
einfache Frau!“ entgegnet Frau Rott.
Oma Wenzel lächelt freundlich und sagt: „Tja, was
Düfte alles bewegen können, sogar Erinnerungen machen sie wieder wach!“ Und sie
lächelt wiederum.
„Ich bin so froh, dass Mariechen auch so eine liebe
Oma bekommt, wie ich sie ebenfalls hatte!“ sagt Frau Rott ganz freudestrahlend.
„Sie braucht so viel Liebe und ich bin jetzt ganz sicher, die bekommt sie von
Ihnen!“
Oma Wenzel freut sich über diese lieben Worte und
sagt: „Ja – ich hab sie auch schon sehr ins Herz geschlossen – mein Mariechen –
und sie erinnert mich immer mehr an meine Tochter! Ich bin froh, dass sie bei
mir ist!“
Nun ist Oma Wenzel auch mit dem anderen Essen
fertig und sie ruft Mariechen.
Marie liegt noch immer auf der Schaukel und
schläft.
Sie hört nicht die Stimme Ihrer Großmutter und
liegt ganz ruhig da. Leicht schaukelt sie hin und her und man kann ein ganz
leises Quietschen der Holzschaukel hören.
Sanft fährt der Wind durch ihr Haar und weht ihr
die Locken ins Gesicht, was sie aber gar nicht bemerkt. Sie rekelt sich und es
scheint als ob sie einen wunderschönen Traum hätte, denn sie lächelt immer
wieder zwischendurch.
Ihr rötliches Haar schimmert in der untergehenden
Sonne und immer wieder springen die Locken vom Wind getrieben umher.
„Mami, ich hab dich auch lieb!“ murmelt sie
plötzlich. Wieder lächelt sie und es scheint als hätte sie etwas ganz
wunderbares erlebt.
Wieder ruft Oma Wenzel nach ihr doch Mariechen kann
sie nicht hören. Sie ist noch immer in den Traum vertieft.
Und so geht Oma hinaus auf die Veranda um Marie zu
holen. Sie findet sie immer noch träumend auf der Schaukel vor.
Leise tritt sie heran, beugt sich über Mariechen
und streichelt sanft über ihr golden schimmerndes Haar.
Jetzt wird Mariechen doch langsam wach, aber sie
will nicht so recht.
„Aufstehen.“ Sagt Oma ganz leise zu ihr „ das
Abendessen ist fertig!“
„Nein, ich will nicht! Mami ist doch bei mir!“ sagt
sie und schließt schnell wieder die Augen. „ Mami bleib doch bei mir, nicht
weggehen!“
Oma Wenzel ist sehr erstaunt über die Worte
Mariechens.
Marie macht ein ganz trauriges Gesicht, die Augen
doch wieder geschlossen, doch dann lächelt sie wieder und redet weiter: „Und du
kommst wirklich wieder? Versprich mir das!“ und wieder lächelt sie als hätte
sie von jemandem eine Antwort bekommen.
Mariechen spürt eine Hand die ihr übers Gesicht
streichelt, sanft und sehr liebevoll. Es ist Omas Hand. Die Berührung weckt sie
immer mehr auf und langsam öffnet sie ihre Augen.
Es dauert einige Zeit bis sie Oma Wenzel richtig
wahrnimmt.
„Hallo mein Liebes!“ sagt Oma zu ihr, lächelt sie
an und streichelt immer noch über ihre Locken. „Hast Du schön geträumt?“
„Mami war da!“ sagt Mariechen ganz leise und sie
lächelt übers ganze Gesicht. „Sie hat mir versprochen, dass sie wieder kommt!“
Hätte Marie das jemandem anderen erzählt, so hätte
dieser ihr vielleicht nicht geglaubt. Doch Oma Wenzel hatte in Ihrem Leben
selbst schon viele wundersame Dinge erlebt und sie glaubte Mariechen.
„Ja?“ sagt Oma „Und was hat sie gesagt? Geht es ihr
gut?“ fragt sie Mariechen weiter. „Wie hat sie ausgesehen?“ Sie weiß, dass
Kinder oft zu solchen Dingen noch mehr Zugang haben als es die meisten
Erwachsenen haben. Sie selbst jedoch zählte zu den Menschen die sich das
kindliche Erleben bis ins Alter bewahrt haben.
Mariechen freut sich darüber, dass Oma ihr glaubt
und Oma hört aufmerksam zu.
„Mami war wunderschön! Sie hat so gestrahlt! Sie
sagte, dass alles gut sei und dass ich nicht mehr traurig sein brauche! Sie
habe auch die Erlaubnis erhalten immer wieder mal nach mir zu sehen!“ erzählt
sie Oma Wenzel ganz erregt.
Oma nickt „Ja, das ist möglich!“ sagt sie ebenfalls
ganz freudig erregt.
„Und sie hat mir alles erzählt, besonders dass sie
im Himmel sei! Und da ist es wunderschön und viele Engel sind da. Und jeder ist
ganz lieb zum anderen!“ erzählt Mariechen ganz ohne Scheu.
„Dann ist zu Mami ein Engel gekommen, der hat sie
in eine Stadt gebracht in einen wunderschönen großen Garten mit vielen Blumen
und großen Bäumen die herrliche Früchte trugen.“ Erzählt sie weiter. „Und da
ist Mami Jesus begegnet!“
„Ja wirklich!“ sagt Oma Wenzel und ist ganz
aufgeregt, denn sie glaubt den Worten ihrer Enkelin. Sie weiß selbst viel über
Jesus, über Gott und auch so einiges mehr.
„Was hat er denn gesagt?“ fragt Oma nach.
„Mami hat erzählt, dass er sie einfach in den Arm
genommen und lieb gehabt hat! Und dass dies das schönste war was Mami jemals
erlebt hatte! Und ihr war so warm ums Herz!“ erzählt Mariechen weiter. „Da hat
Jesus ihr nochmals erlaubt mich zu besuchen, denn er wisse genau um ihre
Gedanken an mich!“
„Mami sagte, dass sie noch nie so glücklich gewesen
sei!“ Mariechen strahlt übers ganze Gesicht. Oma Wenzel ist auch ganz froh über
die Erzählungen.
„Schön!“ sagt sie tief seufzend.
Aber da erinnert sich Oma, dass Frau Rott und das
Abendessen schon auf die zwei wartet und dass sie zwei nun doch so schnell wie
möglich wieder ins Haus gehen müssen.
„Lass uns langsam hineingehen. Sagt Oma „Doch ich
glaube es ist besser wir behalten auch dies für uns!“ sagt sie nachdenklich „Frau
Rott ist eine ganz liebe, aber ich weiß nicht ob sie das so ganz verstehen
kann! Nicht jeder Mensch glaubt so an Gott und die Engel. Besonders dann, wenn
es darum geht wirklichen Kontakt zu ihnen zu haben! Und wenn Frau Rott fragt,
dann sagen wir du hättest nur einen schönen Traum von Mami gehabt!“
Marie nickt, denn das ist ja nicht gelogen und sie bemüht
sich sehr ihre Aufregung zu verbergen. Erst will es zwar nicht so ganz klappen,
doch mit jedem Schritt es gelingt ihr immer besser.
Als sie in das Wohnzimmer kommen in dem das Essen
schon wunderbar duftet, werden sie schon von Frau Rott erwartet.
„Na, das hat aber jetzt lange gebraucht!“ sagt
diese „warst du im Garten unterwegs?“
„Ich war auf der Schaukel eingeschlafen und habe
einen wunderbaren Traum von Mami gehabt!“ erwidert Mariechen ganz ehrlich.
„Es war wohl ein sehr schöner Traum!“ sagt Oma
Wenzel „Aber wir sollten jetzt wirklich gleich essen, denn sonst wird alles
noch ganz kalt!“
Und so hatte sie das Gespräch auf ein anderes Thema
gelenkt und alles war gut so, denn Frau Rott scheint damit ganz zufrieden und
fragt nicht mehr nach.
„Heute ist mein letzter Abend hier!“ sagt sie zu
Mariechen und zur Großmutter. „Morgen Vormittag geht schon mein Zug zurück!“
„Sehr schade!“ sagt Oma zu ihr mit einem ganz
ehrlichen Gefühl von Bedauern. „Sie waren ein sehr lieber Gast!“
Mariechen stimmt ein. Doch sie ist immer noch so
glücklich über die Erlebnisse mit ihrer Mami, dass sie es zwar bedauert Frau
Rott gehen zu lassen, aber dabei nicht traurig ist.
Doch sie denkt schon daran, dass sie diese so
überaus freundliche Frau vermissen werde, die so einfühlsam mit ihr in ihrer
Trauer gewesen war.
Die drei setzen sich zu Tisch und beginnen das
wunderbare Essen zu verspeisen.
Natürlich schmecken die Bratäpfel am besten und so
holt Oma Wenzel noch einen Nachschlag.
„Hmmm!“ loben alle drei die Köstlichkeiten.
Mariechen kann man sogar ein wenig schmatzen hören, aber das stört keinen denn
jeder ist mit sich selbst und seinem Apfel beschäftigt.
Da noch ein wenig Zimt und dort ein wenig Zucker.
Eine herrliche Leckerei. Und alle genießen in vollen Zügen.
„Noch ein wenig Tee gefällig?“ fragt Oma Wenzel bei
Frau Rott nach und lächelt sie herzlich an. „Nur ein wenig noch ... ich bin schon
so satt! Einfach köstlich!“ antwortet diese.
„Ich auch, ich auch!“ ruft Mariechen und hält Oma
ihre leere Tasse entgegen. Nachdem Oma die Tasse von Frau Rott gefüllt hatte
sieht sie Mariechen an und sagt lieb aber auch bestimmt zu ihr: „Na, wie sagt man
da?“
Marie schein schon zu ahnen was Oma damit meint und
sagt schon etwas leiser: „Bitte!“ Oma nickt und schenkt auch Mariechen Tee ein.
„Danke!“ sagt Marie.
Die drei sitzen so noch eine gute Weile zusammen
und genießen das beisammen sein.
Dann nach eine Stunde hält es aber dann doch keiner
mehr länger aus und alle drei gehen zusammen noch ein wenig auf die Terrasse um
frische Luft zu tanken.
„Herrlich dieser Abend!“ sagt Frau Rott und die
beiden anderen nicken mit dem Kopf. Der Himmel zeigt noch das letzte
Abendglühen und auf der anderen Seite ist der Mond schon zu sehen und ebenfalls
– aber nur ganz leicht im Hintergrund – auch schon die Sterne.
Alle holen tief Luft und sie setzen sich auf eine
der beiden Schaukeln um auch dies noch ein wenig zu genießen. Heute war
wirklich ein „Genusstag!“ sagt Oma Wenzel lächelnd, aber so sind ja auch nicht
alle Tage. Und alle nicken dazu.
Mariechen lächelt wieder. Sie erinnert sich wieder
an die wunderbare Augenblicke die sie mit ihrer Mutter verlebt hatte. Sie
schweigt.
Nach einer Weile beschließen sie aber doch alle
drei wieder ins Haus zu gehen. Da Frau Rott früh aus dem Bett muss um
rechtzeitig am Bahnhof zu sein, wollen Oma und Frau Rott noch rasch die Papiere
ausfüllen, um dann bald ins Bett zu kommen. Es braucht gar nicht lange und die
beiden lehnen sich zufrieden zurück.
Ein wenig bleiben die beiden Erwachsenen noch
sitzen und besprechen die Einzelheiten. Doch dann um neun Uhr stehen die beiden
auf und wecken Mariechen, die sich einstweilen in den großen Ohrensessel
gesetzt hatte und eingenickt war.
Ein wenig schlaftrunken geht Marie mit den beiden
die Treppe hinauf. Erst ins Bad Zähneputzen und Hände und Gesicht gewaschen,
Oma hilft ihr dabei und dann gehen beide zusammen in ihr Kinderzimmer.
Bald darauf liegt sie schon in ihrem schönen
Kinderbett.
Sie hört noch ein „gute Nacht“, dann hört sie noch
wie eine Türe sich schließt und wie jemand – wahrscheinlich Oma Wenzel –
nochmals die Treppe hinuntergeht.
Doch erst noch ihr kleines Nachtgebet in dem sie den
lieben Gott wieder für ihre Mami bittet, für Oma und auch für Frau Rott. Und
sie bittet, dass er sie alle im Schlaf beschützen solle – dann schläft sie
sorglos ein.
Auch Frau Rott geht gleich nach dem Bad ins Bett
und schläft sofort ein.
Oma hat noch das Geschirr in den Geschirrspüler zu
geben, stellt das richtige Programm ein und geht dann als letzte auch ins Bad
und anschließend in ihr Zimmer.
Auch Oma betet noch vor dem Schlafengehen und nach
einer kurzen Weile schläft auch sie ein.
Unten brummt noch der Geschirrspüler vor sich hin –
er ist der letzte der noch etwas von sich gibt. Doch nach zwei Stunden Spülen
verstummt auch er und ganz still ist es geworden im Haus.
J
Am Morgen singen schon die Vögel und die Sonne
sticht mit ihren ersten Strahlen an die Nase von Marie. Langsam streckt und
räkelt sie sich. Sie sieht auf den Wecker der in grünen Zahlen leuchtend die
Zeit anzeigt. Es ist erst 5:45 Uhr und sie bleibt noch im Bett.
„Ob die anderen wohl auch schon wach sind?“ fragt
sie sich in Gedanken. Da hört sie draußen schon jemand das Zimmer wechseln.
Es ist Frau Rott die rasch ins Bad schlüpft um sich
zu waschen, zu kämmen und auch sonst noch ein wenig zu kultivieren. Dann geht
sie in das Gästezimmer zurück um sich anzuziehen und auch noch den Rest zu
packen.
Mariechen beschließt dann doch sich auch anzuziehen.
Zum Waschen hat sie noch keine Lust, aber sie beschließt es dann doch noch zu
tun. Schnell wieder ins Zimmer um ein paar Klamotten anzuziehen. Rock und Bluse
sind heute im Programm, denn sie will sich für Frau Rott noch mal schön machen.
„Ob Oma noch schläft?“ fragt sie sich, als sie das
Kinderzimmer verlässt, um nachzusehen was die anderen tun.
Frau Rott kommt ihr gerade entgegen, als sie zu der
Treppe gehen will.
„Guten Morgen! Na, gut geschlafen?“ fragt Frau Rott
in einem ganz erfrischten herzlichen Ton.
„Ja!“ erwidert Mariechen kurz und fragt nach Oma.
Frau Rott meint sie werde wahrscheinlich noch schlafen. Aber da hören die
beiden schon ein leises Geklapper von Geschirr unten aus der Küche.
Oma Wenzel ist schon länger wach. Sie hatte schon
den Geschirrspüler ausgeräumt und das neue Geschirr auf den Tisch gestellt und
war gerade dabei ein leichtes Frühstück für alle zu bereiten.
Cornflakes mit einer Kanne kalter Milch, einige
leicht angeröstete Weißbrote, Butter und Honig, etwas Magerkäse und eine volle
Kanne heißen Minzetee, zudem noch eine Karaffe frischgepressten Orangensaft
stehen auf den sehr liebevoll gedeckten Tisch.
Alle sind ganz froh und munter und beginnen das Mal
mit einem herzlichen Appetit und einem kurzen Dankgebet.
Frau Rott bedankt sich für die wunderbare
Gastfreundschaft und trinkt einen ordentlichen Schluck vom guten Minzetee.
Brötchen und etwas Butter sind dann an der Reihe und auch noch schnell noch ein
wenig Magerkäse darauf geschmiert.
Oma Wenzel isst ebenso einige Brötchen, Butter und
nimmt auch dazu den leicht würzigen Honig. Und dann noch ein großes Glas von
dem frischen Orangensaft.
Nur Mariechen hat eine Tasse kalte Trinkschokolade
und nimmt die Cornflakes mit Milch.
Als sie dann so nach einer guten Stunde fertig sind
räumt Oma Wenzel den Tisch wieder ab und gibt das Geschirr wieder in die
Spülmaschine.
Inzwischen holt Frau Rott Ihre Tasche vom ersten
Stock und stellt sie schon mal zum Eingang hin. Die lederne Bauchtasche mit der
Zugkarte und der Geldbörse legt sie gleich darauf.
Dann geht sie wieder in die Küche und hilft Oma
beim Zusammenräumen. „Schade, dass sie heute schon wieder wegfahren!“ sagt Oma
Wenzel und Frau Rott bedankt sich nochmals für die herzliche Aufnahme.
„Ich bin so froh, dass ich einen so erfreulichen
Bericht an meine oberste Dienststelle senden kann.“ erwidert sie noch.
„Mariechen war ja doch ein kleines Sorgenkind von uns! Aber es scheint ihr hier
schon viel besser zu gehen!“
Mariechen sitzt noch immer am Tisch und hat
inzwischen ebenfalls ein Glas Orangensaft getrunken. Sie hört den beiden
erwachsenen aufmerksam zu.
„Ja!“ denkt sie dann wieder ganz verträumt „Es geht
mir wirklich viel besser! Seit ich meine Mami im Traum gesehen hab, weiß ich, dass
sie doch noch lebt. Aber eben im Himmel! Und sie hatte ja sogar versprochen, dass
sie hin und wieder kommt und auf mich achtet!“
Wieder trinkt sie einen kräftigen Schluck vom
Orangensaft und wischt sich dann den Mund mit dem Handrücken ab. „Mami hatte
das zwar nie gern gesehen, aber was soll ich denn tun, wenn ich keine Serviette
habe!“ denkt sie etwas schuldbewusst, nimmt sich aber vor das nächste Mal eine
Serviette zu benutzen.
Niemand hatte es gesehen und so sagt auch kein
Mensch deshalb etwas. Glück gehabt! Somit ist dies auch schon wieder erledigt.
Die beiden Erwachsenen in der Küche sind inzwischen
fertig mit der Küchenarbeit und setzen sich noch einen Moment zu Marie.
„So – Mariechen! Jetzt ist es gleich soweit! Wir
werden langsam voneinander Abschied nehmen müssen!“ sagt Frau Rott mit einem
aufmunternden Ton – obwohl es ihr nicht ganz leicht zu fallen scheint.
„Jetzt schon?“ fragt Marie und ist auch ein wenig
traurig.
„Ja!“ erwidert Frau Rott „Du bist hier wirklich
bestens aufgenommen! Ich freue mich wirklich sehr für Dich, dass Du eine so
liebe Omi hast!“ Aber sie fügt noch hinzu: „Wenn aber irgendwann mal was sein
sollte – mit Deiner Oma oder mit Dir, dann darfst Du mich jederzeit anrufen!“
Mariechen nickt und ruft dann aber doch ganz laut:
„Aber zum Zug darf ich sie noch bringen!“ Und zur Omi Wenzel: „Bitteee! Darf
ich noch mit zum Zug!?“
„Ja – natürlich, wenn Du willst begleiten wir Frau
Rott noch zum Bahnhof!“ sagt Oma! Aber das muss dann schnell gehen!“
Frau Rott freut sich sichtlich über diese herzliche
Bitte Mariechens und dass sie nun doch nicht allein zum Bahnhof fahren muss. So
bleibt ihr noch einige Zeit länger mit der lieben Kleinen. Sie hat sie wirklich
sehr ins Herz geschlossen!
Die blauen Augen der kleinen Marie leuchten bei dem
Gedanken, dass sie zum Bahnhof mitdarf. Frau Rott streicht ihr ganz gerührt
über ihre rotblonden Locken. Und Oma Wenzel ruft schon mal ein Taxi an, denn
hier auf dem Lande dauert das doch länger bis das Auto kommt als in der Stadt.
„Nur noch gute zwei Stunden! Um 9:07 geht auch
schon der Zug wieder in Richtung Heimat!“ denkt Frau Rott versonnen und
streicht über Marie´s liebes sommersprossiges Gesicht. Ganz rote Wangen hat die
Kleine.
Und als ob Mariechen ihre Gedanken gelesen hätte,
sagt sie lächelnd zu Frau Rott: „Schon froh, wieder nach Hause zu kommen?“
„Ja - ein wenig schon, aber Du wirst mir schon
fehlen! Ich hab Dich sehr lieb gewonnen!“ sagt sie zu der Kleinen ganz offen
und ehrlich.
Mariechen umarmt Frau Rott ganz herzlich und erwidert
diese lieben Worte mit einem dicken Kuss auf die Wange. „Ich sie auch!“ sagt
sie noch dann springt sie auf und rennt die Treppe hinauf um ihren Mantel zu
holen.
Oma Wenzel hat inzwischen telefoniert und das Taxi
bestellt. „Wir können doch noch auf die Veranda gehen und dort auf das Taxi
warten! Es wird noch ungefähr 15 Minuten dauern!“ sagt sie zu Frau Rott.
Diese nickt und nimmt ihr Gepäck mit hinaus. Beide
Frauen setzen sich auf die rechte Schaukel und schwingen hin und her. Mariechen
rennt die Stiege hinunter und setzt sich zu den beiden Frauen. Schweigen. Das
letzte Mal … und alle drei sind wirklich traurig darüber.
„Sie können uns doch mal besuchen kommen!“ ruft
Mariechen dann mit einem Mal ganz laut aus. Oma Wenzel erwidert, dass Frau Rott
wohl keine Zeit für solche Besuche haben würde. Doch Frau Rott sieht das doch
ein wenig anders.
„Wenn es Ihnen recht wäre, würde ich sie beide
wirklich gern mal in den Ferien besuchen!“ sagt sie zu Oma, aber auch Marie
sieht sie dabei freundlich an.
Oma Wenzel sagt: „Ja - Natürlich! Jederzeit sind
sie uns hier willkommen! Und so lange sie wollen!“ und Mariechen hebt jubelnd die
Hände hoch in die Luft: „Juchuh!“ ruft sie laut.
Alle beiden Frauen müssen wegen dem herzlichen
Ausbruchs Mariechens laut lachen! Und Marie fängt auch an zu lachen. Und so
lachen die drei von ganzem Herzen und sind gar nicht mehr so traurig, denn sie
wissen es gibt ein Wiedersehen.
Schon sieht Oma Wenzel in der Ferne das Taxi
heranfahren, sie hat sehr gute Augen für ihr Alter. „Gleich ist das Taxi da!“
sagt sie in ruhigem Ton. Die beiden anderen hören ebenfalls auf zu lachen –
doch ein kleines Lächeln bleibt.
Alle richten sich schnell zusammen und Frau Rott
geht zu Ihrem Gepäck um es gleich schon mal die Stufen hinunter zu tragen.
Marie geht mit ihr, währenddessen schließt Oma die Türe zum Haus gut ab und
geht ebenfalls zu den beiden vors Haus.
„Sie haben ja unsere Telefonnummer und Adresse!“
sagt Oma zu Frau Rott. Diese nickt und holt ihrerseits eine Visitenkarte aus
der Handtasche: „Sie können mich ebenfalls jederzeit anrufen! Hinten steht auch
meine Privatnummer darauf!“
Schon ist das Taxi angekommen und als es stehen
bleibt, steigt der Taxifahrer aus. Es ist ein ganz neuer, mit dickem Bauch, Schnauzbart
und einer großen Glatze. Er hilft Frau Rott mit dem Gepäck und der alten Oma
Wenzel hilft er vorne beim Einsteigen. Inzwischen sind Frau Rott und Mariechen
auch im Taxi und sitzen hinten.
Alles wird noch einmal überprüft, damit Frau Rott
nichts vergessen hat. Und als alles in Ordnung ist, sagt Oma Wenzel zum
Taxifahrer: „Zum Hauptbahnhof nach Düsseldorf bitte!“ Der Fahrer nickt und das
Taxi fährt los.
Eigentlich dauert die Fahrt fast eine halbe Stunde,
doch diese Zeit geht allen viel zu schnell vorbei. Irgendwie sind nun doch
wieder alle ein wenig traurig geworden. Und darum reden sie alle nicht
besonders viel.
Am Haupteingang beim Bahnhof bleibt dann das Taxi
stehen. Oma Wenzel will zahlen, doch Frau Rott sagt, dass sie dieses Mal zahlen
möchte, denn sie wird das Geld vom Arbeitgeber zurückbekommen.
Der Taxifahrer stellt noch die gewünschte Rechnung
aus und bedankt sich sehr herzlich wegen dem Trinkgeld.
Oma Wenzel und Marie sind schon ausgestiegen und
geben inzwischen das Gepäck aus dem Kofferraum. Freundlich grüßend steigt Frau
Rott aus.
„So!“ sagt sie und fügt noch hinzu „Das hätten wir
erledigt! Jetzt wird’s wirklich ernst mit der Abreise! Noch zum Schalter das
Zugticket holen und in 20 Minuten fährt der Zug schon ab!“
Oma nickt und Marie schaut ganz traurig. Viel zu
schnell gingen die Tage vorbei.
Frau Rott nimmt das Gepäck und die drei gehen in
den Bahnhof hinein Richtung Schalterhalle. Am Schalter für Deutschland stellt
sich Frau Rott an.
Vor Ihr sind ein sehr schlanker Mann mit einem
großen Rucksack, eine Dame mit roten langen Haaren und roten Lippen, eine
Mutter mit einem kleinen Baby und ein Dicker Herr mit einem kleinen weißen
Hund.
Oma meint, dass sie da wohl nicht rechtzeitig zum
Bahnsteig kommen werden und Frau Rott zuckt mit den Schultern. „Stimmt – ich
hoffe es geht rasch!“ sagt sie kurz und bündig.
Sie warten und Mariechen wartet mit. Sie hat aber
doch ganz anderes im Kopf. Der kleine weiße Hund schnüffelt an Ihrem Bein und
steckt seine Nase ganz tief unter den karierten Rock hinein. Und da das kitzelt
muss sie ganz leise kichern.
Der Herr zieht seinen Hund mit der Leine weg von
Marie und schimpft den Hund. Doch Marie gefällt das nicht und erwidert das mit
einem Stirnerunzeln und sagt zu dem Herrn „Ihr Hund war doch ganz lieb zu mir! Hat
doch nur guten Tag gesagt wie es sich gehört!“
Der Mann ist ganz verdutzt über die Courage des
kleinen Mädchens und erwidert „Na wenn Du das so siehst, dann lass ich meinen
Wasti doch in Deine Nähe! Es sind aber nicht alle Menschen so tierlieb wie Du!“
„Ja ich mag Hunde gern!“ sagt Marie und hockt sich
zu dem Hund und will ihn streicheln. Doch Oma meint sie müsse da schon zuerst
den Herrn fragen, ob es ihm auch recht sei, dass sie den Hund streichelt.
„Natürlich!“ sagt dieser als Mariechen ihn fragt. „Die
Kleine hat ihn doch so lieb verteidigt!“ fügt er hinzu. „Aber Deine Oma hat
ganz recht. Nicht jeder Hund ist so freundlich wie mein Wasti!“
Mariechen lässt sich das nicht zweimal sagen und
streichelt und krault den Wasti hinter den Ohren. „Da haben es die Hunde am
liebsten!“ sagt sie und macht ungeniert weiter.
„Aha, da haben wir ja eine Hundekennerin!“ lacht
der doch schon etwas ältere Herr. Alle
drei Damen – Mariechen mitgerechnet – lachen mit. Und als alle drei so zum lachen
kommen bemerkt Frau Rott, dass gerade am anderen Schalter geöffnet wird.
Sie stellt sich schnell dort an und kommt auch
gleich dran. Glücklicherweise ist auch das geschafft und sie wird den Zug doch
noch rechtzeitig erreichen. Frau Rott fragt noch nach dem richtigen Bahnsteig
und der Bahnbeamte reicht ihr den Plan.
„Bahnsteig 3!“ sagt er und sie bedankt sich und
geht wieder zu den anderen.
Sie schaut auf die Uhr und sagt „Jetzt aber schnell
zum Bahnsteig! Sonst fährt der Zug doch noch ohne mich ab!“ Die zwei anderen
nicken und verabschieden sich noch rasch. Der Herr zieht noch seinen Hut und
winkt den drei Damen nach.
Rasch muss es jetzt gehen, denn es sind nur noch
wenige Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Sie gehen zum Lift und fahren in den
ersten Stock. Dann links entlang.
Oma Wenzel und Marie gehen zügig hinter Frau Rott
her und sind bald am Bahnsteig drei angekommen. Sie haben Glück, denn er ist
noch nicht da. Schon hören die drei auch schon eine Durchsage den Zug
betreffend.
Eine etwas rauchige Männerstimme sagt: „Der Zug in
Richtung Stuttgart wird sich ca. 7 Minuten verspäten!“ Dann räuspert er sich,
das Mikrophon quietscht und pfeift und man hört ihn noch einmal sich räuspern,
bevor er endlich das Mikro ausgeschalten hat.
„Gut!“ sagt Frau Rott „Dann können wir uns
wenigstens ganz in Ruhe voneinander verabschieden!“ Oma Wenzel nickt und umarmt
die freundliche junge Frau ganz herzlich. Sogar eine Träne der Rührung scheint
in ihrem Auge zu sein.
Mariechen läuft sofort auf die beiden Frauen zu und
versucht Frau Rott ebenfalls in die Arme zu schließen. Fest – ganz fest – wird
Frau Rott von den beiden Wenzelfrauen gedrückt – doch ganz besonders von der
kleinen Marie und Frau Rott scheint bald keine Luft mehr zu kriegen. Oma lässt
bald aus, aber Marie nicht.
„Du erdrückst mich ja fast!“ ruft Frau Rott aus.
Marie gibt ihr einen dicken Kuss auf die Wange und flüstert ihr so halblaut ins
Ohr: „Danke dass Sie mich so lieb behandelt und so gut hierher zur Omi gebracht
haben!“
„Gern geschehen!“ sagt Frau Rott ebenfalls sehr
gerührt „Ich hab Dich sehr gern!“
Plötzlich ertönt wieder ein Krachen und ein
schrilles Gepfeife aus dem Lautsprecher – ein Husten – und endlich wird wieder
die Stimme des Bahnbeamten hörbar, der wiederum mit kratzender Stimme
durchgibt: „Achtung! Der Zug nach Stuttgart fährt auf Gleis 3 ein! Achten sie
bitte auf die Bahnsteigkante!“ Dann wiederholt er seine Durchsage nochmals,
damit die Menschen ihn auch wirklich verstanden haben.
„Ohja! Da vorne ist er schon der Zug!“ sagt auch
schon Oma Wenzel und deutet auf den Zug der ganz weit hinten sichtbar ist und
der sich langsam auf die Menschenmenge zu bewegen scheint.
Von weitem kann Mariechen schon das Geratter der
Räder auf den Schienen hören und laut beginnt der Zug zu pfeifen. Einmal,
zweimal, dreimal zählt Marie mit. Und gleich erinnert sie sich an die Reise die
sie mit Frau Rott hierher gemacht hatte.
Nochmals umarmt Frau Rott das kleine Mariechen und
ebenfalls Oma, während der Zug in den Bahnhof einfährt. Oma erwidert die
Umarmung ganz herzlich und sagt wegen dem Zug doch etwas lauter: „ Der liebe
Gott beschütze und segne sie!“
Der Luftzug den die Waggons erzeugen lässt die
Röcke und Mäntel wehen – nochmals ein grelles Pfeifen des Zuges und das
Quietschen der Räder bis sie ganz zum Stillstand gekommen sind. Frau Rott nickt
und bedankt sich für die guten Wünsche.
Nochmals eine Durchsage, dass der Zug in Richtung
Stuttgart eingefahren sei. Die Türen gehen auf und viele Menschen steigen erst
mal aus dem Zug aus.
Frau Rott nimmt ihr Gepäck in die Hand und wartet bis
die letzten Passagiere ausgestiegen sind und winkt nochmals zu den zweien
zurück bis sie dann letztendlich doch in den Wagon einsteigt.
Die beiden Wenzels gehen hinterher – aber nicht im Zug,
sondern außerhalb! Dann auf einmal bleibt Frau Rott stehen, denn sie hat ein
leeres Abteil gefunden. Sie stellt die Taschen auf den Sitz und geht zum
Fenster.
Schwer ist das Fenster hinunter zu schieben – es
scheint zu klemmen – doch dann geht es doch. Sie steckt den Kopf heraus und
ruft Marie laut zu: „Machs gut Mariechen!“
„Sie auch Frau Rott!“ ruft Marie ihr zurück „Und
nochmals vielen Dank!“
Oma Wenzel ist ganz gerührt und winkt nochmals mit
dem Taschentuch. Doch dann geht sie doch auch noch zum Fenster und sagt:
„Nochmals alles Gute für Sie und Danke sehr herzlichst für ihre Freundlichkeit
und Hilfe! Kommen sie ja bald wieder! Wir werden uns sehr darüber freuen!“
„Ja! Das tue ich ganz sicher!“ verspricht Frau Rott
und winkt Mariechen zu, die schon ein wenig traurig ist.
Schon kann man den Mann im Lautsprecher sagen
hören: „Achtung, Achtung! Alles einsteigen! Der Zug fährt in wenigen
Augenblicken ab!“ Diesmal ist seine Stimme viel besser und auch das pfeifende
Geräusch im Lautsprecher ist viel leiser!
Dafür pfeift aber der Zugschaffner der mit der
grünen Seite der Kelle dem Zugführer anzeigt dass er nun abfahren kann. Der
Schaffner steigt schnell in den Wagon ein und schließt die Türe. Auch einige
andere Türen werden mit lautem Knall noch schnell zugeworfen, damit sie auch
wirklich gut geschlossen sind, und schon fängt der Zug an zu rollen.
Frau Rott winkt den beiden am Bahnsteig noch zu und
Oma Wenzel und Mariechen werden immer schneller und schneller beim gehen. Eine
kurze Strecke laufen sie sogar noch mit, dann müssen sie aber stehen bleiben
denn der Bahnsteig endet hier.
Sie sehen noch wie Frau Rott die Hand hinaus
streckt und zum letzten Mal den beiden zuwinkt und das Fenster dann geschlossen
wird.
Oma Wenzel schnauft noch immer vom laufen, aber sie
ist ja auch nicht mehr so jung wie Mariechen, der das gar nichts ausmacht. Nochmals
winken sie dem Zug nach und wenden dann ihre Schritte in Richtung Ausgang.
Oma Wenzel nimmt Mariechen bei der Hand und die
beiden gehen das erste Mal ganz alleine miteinander des Weges. Still sind die
beiden als sie so Hand in Hand die Treppe hinunter gehen, von der sie gekommen
waren. Still.
Plötzlich – unten an der Treppe angelangt – bleibt
Oma stehen und umarmt die Kleine. Sie streichelt ihr übers die roten Wangen und
umarmt sie nochmals.
„Ich hab
Dich lieb, meine Kleine!“ sagt Oma und schaut sie ganz lieb an. „Nun sind wir
ganz alleine, aber das wird sicher wunderbar werden mit uns zwei!“
Mariechen nickt und drückt Oma ganz fest an sich.
„Ich hab dich auch so lieb, Oma! Sicher wird es sehr schön bei Dir!“ erwidert
die Kleine.
Dabei denkt sie an ihre Mami und ist fast nicht
mehr traurig weil sie nicht mehr auf der Erde lebt. Sie freut sich darüber,
dass sie nun im Himmel wohnt und dennoch hin und wieder nach ihr sehen wird, so
wie in dem letzten Traum.
Mariechen lächelt wieder und Oma fragt ob es ihr
auch wirklich gut gehe. Marie nickt und erklärt Oma ganz leise: Ich habe wieder
and das Erlebnis mit Mami denken müssen und das macht mich doch froh!“
„Mich auch – kleine Marie – mich auch!“ sagt Oma
Wenzel und fährt fort: „Ich bin so froh, dass Du das erleben durftest, denn so
ist alles für Dich viel leichter geworden. Und es ist ein großes Geschenk, auch
für mich selbst! Nicht jeder bekommt eine solche Möglichkeit!“
Oma nimmt Marie wieder an die Hand und mit einem
fröhlichen: „Komm lass uns nach Hause fahren!“ gehen die beiden in Richtung
Ausgang. Dort angekommen sehen sie auch schon den Taxistand bei dem drei Taxis
stehen. Sie gehen auf das vorderste zu und sofort steigt der Fahrer aus um Oma
beim einsteigen behilflich zu sein.
Diesmal steigen die beiden Fahrgäste – Oma und
Mariechen – hinten ein, denn Oma will jetzt ganz nah bei ihr bleiben.
Der Fahrer – ein dunkelhäutiger junger Mann mit
ganz schwarzem Haar – setzt sich ans Lenkrad und Oma Wenzel sagt ihm die
Hausadresse an und er fährt gleich los. Dann fragt er nach, ob es die beiden
stören würde, wenn er etwas indische Musik einschalten würde.
Oma verneint und Marie zeigt ihre Freude indem sie
lautstark „Ja!“ ruft. Was heißen soll, dass sie es gern mag, solche Musik zu
hören.
„Sie sind Inder?“ fragt Oma Wenzel. „Ja!“ sagt der
Inder sehr freundlich.
„Sind sie schon lange bei uns in Deutschland?“
fragt Oma weiter, ehrlich daran interessiert die Geschichte dieses freundlichen
Menschen zu erfahren.
„Ja! Schon seit meiner Geburt! Ich bin hier in
Deutschland geboren, aber meine Eltern sind von Indien hierher eingewandert!“
erwidert der freundliche junge Mann und in den Rückspiegel lächelnd fügt er noch
hinzu: „Rashid ist meine Name!“
„Rosemarie Wenzel, aber die meisten nennen mich Oma
Wenzel!“ stellt auch Oma sich vor und fügt noch hinzu: „Und das ist meine
Enkelin Marie Wenzel!“
Rasch stellt Marie sich selbst vor und ruft etwas
vorlaut: „Mariechen heiße ich!“
„Einen Guten Morgen, Mariechen!“ begrüßt Rashid die
Kleine und lächelt die beiden im Rückspiegel herzlich an. Marie lächelt zurück.
„Guten Morgen!“ sagt sie, schon etwas leiser.
„Bist Du mit dem Zug gekommen?“ fragt Rashid die
Kleine die sogleich den Kopf schüttelt wobei ihre wunderbaren Locken hin und
her baumeln. „Nein!“ sagt sie und fährt fort: „Wir haben Frau Rott zum Bahnhof
gebracht!“
„Frau Rott hat Mariechen von Stuttgart aus zu mir
gebracht und war einige Tage bei uns zu Gast!“ erklärt Oma Wenzel dem
staunenden Rashid.
„Da bist ja schon weit gereist!“ sagt er und
schmunzelt, dabei immer gut auf den Straßenverkehr achtend. Einmal muss er
sogar hupen, weil ihm ein Fußgänger einfach vor den Wagen läuft, doch die Ampel
schaltet schon auf rot und er muss stehen bleiben.
Rashid hat noch gute Nerven und schimpft erst gar
nicht. Aber da er noch länger stehen bleiben muss, dreht er sich kurz zu Oma
Wenzel um. „Wissen sie, in dem Geschäft braucht man wirklich gute Nerven.“ sagt
er zu ihr und dreht sich wieder um, denn inzwischen hat sich die Ampel auf grün
geschaltet und er fährt wieder weiter. Oma nickt.
„Sie haben ein sehr gutes Deutsch, man merkt, dass
sie schon ihr Leben lang hier wohnen!“ sagt sie freundlich lächelnd. „Waren sie
auch schon mal in Indien?“ fügt sie noch hinzu.
„Ja – für drei Monate! Ich war bei Verwandten bevor
ich mein Studium anfing!“ erklärt er „Ich studiere Germanistik und Musik!“
fährt er fort „Und mit den Taxifahrten verdiene ich mir das Studium!“
Schon fährt er bei dem Ortsschild vorbei auf dem
steht „Erkelenz“.
„Muss ich bei der nächsten Kreuzung rechts oder
links?“ fragt er ganz ehrlich zugebend dass er nicht so genau wisse wo Oerath
liege!
„Links und dann bei der dritten Kreuzung wieder links
und bei der nächsten rechts zum Wald hin, dann kommt man gar nicht aus, denn da
ist auch schon das Haus zu sehen!“ erklärt bereitwillig Oma Wenzel dem ganz aufmerksamen
Rashid.
Er bedankt sich für die Anweisungen und fährt genau
so wie es ihm Oma beschrieben hat.
Nochmals um die Kurve und da ist schon in der Ferne
der Wald zu sehen – wieder der kleine Hügel und schon ist auch das Haus wieder
zu sehen.
„Das ist aber ein schönes Haus!“ bemerkt auch schon
Rashid „Wohnen da nur sie beide?“ fragt er verwundert.
Oma Wenzel schmunzelt ein wenig „Ja, das soll jetzt
auch Mariechens neue Heimat sein! Aber wir werden nicht viel alleine sein! Ich
habe viele kleine Freunde die mich oft besuchen kommen!“ Wieder lächelt sie
ganz geheimnisvoll sieht dabei Marie an und legt wieder den Zeigefinger auf den
Mund.
Gut, dass Rashid das nicht gesehen hat, aber auch
Marie ist sehr verwundert und weiß im ersten Moment nicht was ihr die Oma damit
sagen will.
„Welche Freunde?“ fragt Mariechen leise flüsternd.
„Pssst!“ ist die antwort von Oma. Wieder legt sie den Finger auf die Lippen,
aber diesmal auf Maries Mund.
Plötzlich – als Marie so überlegt was damit wohl
gemeint sein könnte – zieht ihr ein dicker Gedankenblitz durch den Kopf und sie
glaubt zu wissen was Oma Wenzel damit meinte … kleine Freunde … die komischen
Lichtpunkte!
„Oma wollte mir ja da eine genauere Erklärung geben
für dieses Erlebnis!“ erinnert sich Marie endlich und freut sich darüber, dass
Oma dies nicht vergessen hat.
„Nun aber wieder Still sein!“ denkt sie weiter und
nickt der Oma wissend zu.
Oma Wenzel lächelt ihr ebenfalls mit diesem
geheimnisvollen Lächeln zu das sie damals schon auf den Lippen hatte.
„So da sind wir schon!“ sagt plötzlich Rashid, der
von den Geheimniskrämereien der beiden Frauen wieder nicht bemerkt hat. Doch
das ist ganz und gar nicht verwunderlich denn er musste ja auch auf die Straße
achten.
Er dreht die Musik nun ganz leise und schaut auf
den Kilometerzähler. „Bei einer so großen Entfernung wird per Kilometer
verrechnet. Das macht nun 22 Euro!“ sagt er recht freundlich und dreht sich
nach hinten. In der Hand hält er eine große Geldbörse in der er viele Münzen
und Geldscheine hat.
Oma Wenzel ist erstaunt „Der letzte Taxifahrer hat
einiges mehr verlangt! Allerdings ging die Fahrt gerade anders rum!“ sagt sie
Rashid anlächelnd. „Ich werde Ihnen – da sie ein armer Student sind – ein wenig
mehr geben. So – da haben Sie 30 Euro – da ist schon eine kleine Jause mit
dabei!“
„OH! Danke sehr herzlichst! Und wenn sie wieder
einmal einen Chauffeur brauchen, dann können sie mich unter dieser Nummer
erreichen!“ erwidert er und zieht eine kleine Visitenkarte aus der Brieftasche
und hält sie Oma Wenzel hin, die diese dankend in ihre Handtasche einsteckt.
Nun steigen alle drei aus und die beiden
Erwachsenen drücken sich nochmals die Hand. „Auf wieder sehen kleine Marie! Und
ich wünsche Dir alles Gute für Dein neues Zuhause!“ bekundet Rashid aus ganzem
Herzen.
„Danke!“ sagt Marie kurz und läuft schnell hinauf
zur Veranda um sich auf die Schaukel zu setzen. Nicht einmal die Hand hatte sie
ihm gegeben. Was ist nur mit Mariechen los?
„Ohje, Kinder! Aus den Augen aus dem Sinn!“
entschuldigt Oma Wenzel das kurz angebundene Verhalten Mariechens und denkt so
bei sich: „Was hat Marie denn jetzt auf einmal? Sie ist doch sonst so gut
erzogen!“
Rashid winkt einfach nur ab und sagt, dass dies
nicht so schlimm sei – er wisse wie Kinder manchmal sein können.
Oma gibt ihm nochmals die Hand und wünscht ihm
alles Gute für sein Studium und Rashid bedankt sich für die guten Wünsche. Dann
steigt er in seinen Wagen und fährt los wieder zurück nach Stuttgart zurück.
Doch nachwinken tut Mariechen dem freundlichen
Rashid doch noch.
Oma Wenzel sieht ihm noch nach wie er über den
Hügel fährt und geht dann ebenfalls auf die Veranda zu. „Was war denn das jetzt
eben!?“ fragt Oma ganz entgeistert. „Warum hast Du dich nicht bei ihm
verabschiedet?“
„Ich wollte nicht länger warten!“ erklärt Mariechen
ganz unschuldig. „Je länger wir plaudern, desto länger muss ich auf deine
Erklärung warten, was Deine kleinen Freunde angeht!“
„Ach, da liegt der Hase im Pfeffer begraben!“
erwidert Oma „Aber unhöflich musstest du deshalb nicht sein!“ Ihr Ton ist schon
ein wenig rügend. Ja, Oma Wenzel kann auch ein wenig streng sein, wenn es
erforderlich ist und das muss denn auch hierbei sein. „Gutes Benehmen ist wichtig
im Leben!“ fügt sie hinzu.
„Ja! Bitte entschuldige!“ sagt Mariechen nun doch
ein wenig kleinlaut.
„Gut! Schwamm drüber! Lassen wir es gut sein!“
erwidert Oma und setzt sich zu Marie auf die Schaukel und beide schweigen ein
wenig während sie so hin und her schaukeln. Oma Wenzel ist nie nachtragend
gewesen und ist es auch heute nicht.
Oma sieht Mariechen von der Seite an und lächelt
ihr zu. Und schon ist Mariechen wieder fröhlich denn sie weiß, dass Oma ihr
wirklich wieder gut ist. Sie lächelt auch ihre Omi an und hat so einen
fragenden Blick in den Augen.
Oma lächelt noch mehr – ja, sie grinst schon fast
und wieder blitzen ihre Augen. Welch ein Geheimnis sich da wohl dahinter
verbirgt? Marie wird schon ganz ungeduldig und ruft: „Das ist nicht fair! Du
musst es mir jetzt endlich erzählen was es mit den kleinen Lichtern auf sich
hat! Sind es Leuchtkäfer gewesen? Nein das kann auch nicht sein – die können
doch nicht kichern! Was war das nur!?“ ruft sie.
„Pssst! Komm näher, denn das ist ein großes Geheimnis!“
sagt Oma jetzt ganz leise und ganz geheimnisvoll beginnt sie zu erzählen:
„Meine kleinen Freunde sind Wesen aus einer anderen Welt!“
„Wie, aus einer anderen Welt! Wie soll ich das denn
verstehen?“ sagt Marie ebenfalls ganz leise, denn auch ihr scheint dies alles
sehr bedeutungsvoll.
Oma führt weiter aus: „Hast Du schon mal was von
Elfen gehört?“
„Ja, aber das waren kleine bunte Lichter – aber
doch keine Wesen mit Flügeln und so! Und außerdem sagte Mami dass das nur eine
Märchengeschichte sei!“ entgegnet sie mit fragendem Blick.
„Hmmm!“ sagt Oma darauf „Was glaubst Du wie die
Lichter kichern konnten?
Könnte es nicht auch sein, dass sich Deine Mami
damals geirrt hat oder es nur nicht glauben konnte, weil sie selbst noch nie
irgendwelche Elfen zu sehen bekam?
„Hmmm!“ erwidert Marie nur kurz, dann überlegt sie.
Oma Wenzel will Marie behutsam dahin führen, diese unglaubliche Wahrheit, dann
doch von sich aus anzuerkennen. „Du hast sie selbst erlebt!“ sagt sie noch
dazu.
„Aber sie sehen nur aus wie kleine Lichter!“ Marie
ist fast enttäuscht. „Das sollen Elfen sein?“ denkt sie so bei sich und Oma
erklärt dann doch weiter: „Das ist doch nicht ihr wirkliches Aussehen! Das
zeigen sie nicht gleich jedem!“ Und die meisten Erwachsenen können sie
überhaupt nicht sehen. Nur manche Kinder und ganz wenige Erwachsene die in sich
noch ganz jung geblieben sind.
Marie beginnt zu verstehen und nickt Oma
nachdenklich zu. „Die kleinen Elfen müssen erst erkennen, dass sie Dir
vertrauen können! Und da musst Du dich schon ein wenig in Geduld üben!“ Marie
nickt wieder und sie ist richtig ernst geworden.
Aber jetzt schau nicht so ernst!“ ruft Oma aus und
umarmt sie ganz doll „Das wird sich schon finden! Es ist eine wunderbare Sache
dass du sie sehen kannst!“ Und Oma lächelt wieder ganz geheimnisvoll.
Mariechen fängt nun doch auch wieder an zu lächeln
und dann schon wieder in Begeisterung fallend „Sie könnten ja auch meine
kleinen Freunde werden! Ich werde ihnen schon zeigen, dass man mir vertrauen
kann!“
„Siehst Du so ist es richtig! Und jetzt gehen wir
ins Haus und ich mache uns eine große Schüssel Obstsalat mit Schlagsahne!“ Oma
nimmt Marie bei der Hand und sie gehen beide in die Küche um das Obst
herzurichten und während der Arbeit erzählt Oma der Kleinen was sie schon alles
mit diesen kleinen Wesen erlebt hatte.
Aber dies alles sei nur ein kleiner Teil von dem,
was so ein kleines Mädchen mit ihnen erleben könne. Und Mariechens Phantasie
malt sich aus wie sie das nächste Mal mit den Kleinen schon spielen werde.
Aber das ist eine ganz neue Geschichte die ich ein
anderes Mal erzählen werde, nur eines kann schon jetzt gesagt werden – es ist
eine wundersame Geschichte – in der alle kleinen Freunde auch zu Wort kommen
werden. Viel Freude und Spaß!
ENDE
Liebe Martina,
AntwortenLöscheneine wunderschöne Erzählung so voller Liebe, die hat meine Herz sehr berührt.
DANKE dir.
Ich war von Anfang bis Ende voll dabei und deine Beschreibungen haben in mir ein sehr schönes Bild gemalt.
Bin begeistert und würde freue mich auf mehr freuen.
JESU Segen
Yvonne W.